Missbrauch durch Kommunikation

Liebe Tilda,


es tut mir wirklich leid für Deine Tochter Kate, dass Sie bei ihrer ersten Liebesbeziehung zu einem Mann gleich so eine herbe Enttäuschung erleiden musste. Sie hat einfach darauf vertraut, dass das, wie er sich beim chatten dargestellt hat, der Wahrheit entspricht und dass er sie auch liebt. Doch er hat nur mit ihren Gefühlen gespielt und nur seine Befindlichkeiten standen im Vordergrund. An Konsequenzen hat er überhaupt nicht gedacht und schon gar nicht daran, wie es ihr damit ergeht. Liebe Tilda, die Internetkommunikation hat eben auch vieles mit sich gebracht, was die zwischenmenschlichen Beziehungen nicht fördert und Missbrauch findet dort in vielen Bereichen statt. Doch immer sind es Menschen, die damit verbunden sind.
Es findet kaum noch eine klare aufrichtige, direkte und ehrliche Kommunikation statt. Einerseits werden wahre Gefühle leichter rausgelassen, doch andererseits wird nicht dazu gestanden. Es wird oft verschlüsselt und mehrdeutig geschrieben und gesprochen. So kann man sich immer rausreden, dass man es ja nicht so gemeint hat, wie der andere glaubt oder man suggeriert dem anderen eine Botschaft, die derjenige aber gar nicht erkennen kann oder nicht versucht zu erkennen, weil es ihn nicht interessiert, sich dieser Kommunikationsart hinzugeben .
Es werden auf diesen Kommunikationsplattformen nicht nur Worte missbraucht, sondern auch Bilder, Fotos, Musik. Der Zweck, der oft dahinter steht, ist der, durch nonverbale Botschaften das Bewusstsein des anderen direkt oder indirekt manipulieren zu können. So soll das Kaufverhalten beeinflusst werden. Es geht immer darum, Menschen für seine persönlichen Zwecke zu missbrauchen, zu kontrollieren, zu lenken und klein zu halten, um seine eigene Macht erhalten zu können.
In der persönlichen Kommunikation zwischen zwei Menschen ist oft eine Angst vorhanden, wenn man direkt und klar spricht, dass man dann nicht mehr geliebt wird oder dass man Angst hat, sein „Gesicht“ zu verlieren. So werden aber Vertrauen und Bindungsfähigkeit zerstört. Man weiß nicht mehr, was man von dem anderen halten soll. Ist das, was der andere sagt, ehrlich gemeint oder soll es nur eine Illusion vorgaukeln. Man spielt mit den Gefühlen des anderen und fühlt sich auf einem hohen Ross dabei, weil man glaubt, der andere kann einen nicht durchschauen. Wenn es dem anderen dennoch gelingt, die wirklichen Absichten und Lügen des anderen zu durchschauen, dann werden Ablenkungsmanöver eingesetzt, Verleugnung und Uminterpretationen. Man macht sich auch über den anderen lustig oder man zeigt eine scheinbar übertriebene Sorge, ob mit dem anderen etwas nicht stimmt, denn es sei doch alles in Ordnung. In jedem Fall wird suggeriert, dass man selbst richtig ist und man ja nur helfen will und gerne hilft. Gerne wird sich in die Helferposition gerückt, um dem anderen den Stärkeren vorzuspielen. Solange der andere in der Mangelposition und Bedürftigkeit gehalten wird, fühlt man sich sicher. Die Anerkennung des anderen in seiner Größe und Kraft bedeutet, seine Überlegenheitsposition aufzugeben und ihm in Augenhöhe zu begegnen. Doch das bedeutet auch, sich verletzlich zu zeigen und das macht häufig Angst und so wird sich im Internet oft hinter einer Scheinkommunikation versteckt. Besonders betroffen sind davon Menschen, die höhere Positionen in der Gesellschaft haben und von denen die Gesellschaft ein Bild hat.
Das muss gewahrt werden und so werden unterdrückte Gefühle oft im Internet unter falschen Namen ausgelassen, doch gleichzeitig versteckt gehalten.
Doch auf Dauer macht so ein Kommunikationsverhalten auch den „Täter“ sehr einsam und es kann sogar bis hin zu Depressionen führen. Immer mehr Menschen ziehen sich von denen zurück und fühlen sich von diesen Spielchen nur noch abgenervt. Sie sehnen sich nach ehrlicher, offener und direkter Kommunikation und suchen sich einen entsprechenden Freundes- und Bekanntenkreis, wo sie sich wohler fühlen.
Offene, direkte und aufrichtige Kommunikation fördert das Vertrauen zueinander, Intimität, gegenseitiges Verstehen, gern haben und Geborgenheit. Man fühlt sich zugehörig und verbunden. Auch wenn durch diese Direktheit und Klarheit es mal kurzfristig zu Kränkungen und Enttäuschungen oder auch Wut über sich selbst oder andere kommen kann, so ist das meist nur ein kurzes Feuerwerk der Gefühle. Je mehr man da in der Aufrichtigkeit bleibt, desto schneller kommt es zur echten Klärung und Harmonisierung der Situation. Es geschieht dadurch oft Heilung, weil verdrängte Persönlichkeitsanteile sich in diesem sicheren Umfeld leichter zeigen und direkt transformiert werden können. Durch diese Aufrichtigkeit trägt keiner einen Schaden. Der Nährboden für Heuchelei, Intrigen, offene und verdeckte Feindschaft, Scheinheiligkeit, falsche Freundlichkeit, für Orientierungslosigkeit, Gefühle der Leere und Sinnlosigkeit, der Isolation, weil man sowieso nicht weiß, was und wem man noch glauben kann, wird entzogen. Ein jeder profitiert von der Aufrichtigkeit des anderen, egal wie angenehm oder unangenehm es in dem Augenblick erscheint.
Liebe Tilda, Deine Tochter hat gut daran getan, sich zurückzuziehen und noch besser, dass sie etwas Grundsätzliches für sich erkannt hat, was sie nicht will.

Die nächste Liebe wird für sie dafür eine andere Qualität haben.

Herzliche Grüße
Malina

 

"Wenn du auf dein eigenes herz hörst, wirst du nie gespalten sein." S.185


Osho
aus "AUTHENTISCH SEIN"
innenwelt verlag

 

 

"Der Spötter wird niederknien
und heilige Seelen werden in seinem Hause sein." S.65

 

Leonard Cohen
aus "wem sonst als dir"

"...Wenn du nicht Rauchen darfst, dann kaust du Kaugummi, dann tust du dies und jenes, redest ununterbrochen - und das ist gefährlicher, weil du dann deinen eigenen Schmutz anderen Leuten ins Gehirn wirfst." S.107

 

Osho
aus "Tantra, die höchste Einsicht"
Sannyas Verlag

 

"Es scheint, daß viele der sogenannten nicht-direktiven oder klient-zentrierten Therapeuten nur die äußere Schale von Rogers' Arbeit kopiert haben. Beispielsweise hatten meine Frau und ich zwei pseudoausgebildete nichtdirektive Therapeuten zum Abendessen eingeladen. Sie wandten ihre subtile Kunst an, meiner Frau alles, was sie sagte, zurückzuspiegeln. Das ärgerte sie, denn es war ein künstliches Spiel, bei dem die beiden uns nicht einmal wirklich zu begegnen brauchten. Es ist bemerkenswert, daß der Versuch, einem Mann nachzueifern, der leichten Zugang zur Welt anderer hat, ein so gegensätzliches Ergebnis zeigt. In religiösen Begriffen nennt man so etwas, nach dem Gesetz statt nach dem Geist zu handeln." S.216

Barry Stevens/ Carl R. Rogers
aus "Von Mensch zu Mensch"

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