Meister - Totenstille
Meister, Totenstille
Breitet sich fließend aus.
Ich lausche dem hellwach
Aus mir heraus. Sehe nur,
Was gerade ist. Zukunft
Gibt es darin nicht.
Meister, sag, was ist’s.
Nichts bewegt sich mehr.
Kein Gedanke hält mich.
Der Tod entreißt mir auch,
Was ich so liebte, begehrte
Und das, was mich nährte.
Meister, der Todesstrom
Reißt fort von mir
Alles, worin ich sah mich.
Alles, wodurch ich erlebte
Die Welt, das Leben, den Gesang
Und die Kinder von nebenan.
Meister, ich fürchte mich.
Totenstille übernimmt mich.
Sie löscht mich aus.
Nicht mal Frieden fühle ich.
Kein Raum ist da, zu erleben,
Was einen Wunsch gebären lässt.
Meister, Todesangst durchflutet
Raum und Zeit, Wege erlöschen,
Gedanken, die kommen,
Sterben sogleich.
Gefühle ziehen davon,
Bilder fallen in sich zusammen.
Meister, O, ich hasse dich,
Deine Liebe, sie tötet mich.
Rücksichtslos ergreift sie mich,
Alles, was aus mir geworden ist,
Löscht sie aus. Sie zerstört alles,
Was ich hab. Nackt fühl ich mich.
Meister, was ist aus mir geworden.
Weiß nicht, was ich gewesen,
Denn, was ich war, war niemals
Ich gewesen. Es war nur das,
Was man aus mir gemacht
In Eifrigkeit, damit es passt.
Meister, entfernt die alten Kleider,
Mit denen kostümiert ich war.
Die Muster, in denen verliebt ich
Vegetierte hin, damit ich passe in das
Lebensbild, das man mir gab und ich
Geduldet bin, verschollen nun im Grab.
Meister, Totenstille zieht vorüber,
Das Ego konnt nicht mehr.
Es brach zusammen im Kampf
Ums Überleben, den es verlor.
Die Liebe ist allmächtig,
Hebt jeden zu sich empor.
Meister, Stille, Sein.
Alles ist wie neugeboren,
Auch ist es noch immer gleich.
Der Tod, das ist das Leben.
Von wo du schaust, dir
Tod oder Geburt erscheint.
Meister, Lebensströme,
Sie durchdringen mich.
Sie kommen und sie gehen.
Ich kann sie erleben,
Mich ihnen hingeben,
Doch ich bleibe bestehen.
Meister, Lächeln
Durchdringt den Raum,
Der ich bin. Grenzenlos
Es in mir schwingt.
Freiheit ist, wenn
Das Ego ist erlöst.
Ute Malina Rößner