Meister
Durchs Reich
Meister,
Wer nahm dir die Prüfung ab,
Wer war dein Lehrer
Auf dem Weg zur Meisterschaft?
Wer waren deine Kameraden.
Mit wem hast du gesessen
Auf einer Schulbank
Und wo war dein Klassenraum?
Meister,
Wo fandest du die Antworten
Auf all die Fragen,
Die das Leben stellt?
Wer führte dich
Durchs Reich,
Wo die Schatten der Gedanken
Dich halten fest am Galgen?
Meister,
Wie konntest du nur finden
Das Land,
Das nie jemand betreten,
Von dem auch niemand weiß,
Das kein Mensch
Erahnen kann,
Solange er nicht deiner gleich.
Meister,
Ich liege dir zu Füßen,
Überall,
Küsse dein unberührtes Haupt.
Dein Blick,
Er hat mich getroffen,
Hat mich gemacht
In einem Augenblick zu Staub.
Meister,
Wer gab dir den Schlüssel,
Wie die Fragen zu erschlagen,
Die Antworten vorbei,
Die Finsternis zu durchschauen,
Zu sehen mich,
So unberührt und nackt
Als Ebenbild der Gotteskraft.
Meister,
Alles hast du mir genommen,
Alles, als ich schaute
In die strahlend Sonne,
Am Wegesrand zum Löwenzahn,
Das Grashalm im Winde tanzte,
Auch als ich die kleine Schnecke sah,
Die so zufrieden auf dem Blatte saß.
Meister,
Dein Bild, das hast du ausgelöscht,
Damit ich dich nicht suche mehr
Und dich nicht treffen kann,
Dass immer ich, nirgends bin,
Dass nur der Augenblick
Vollendet und erfüllt mit allem ist,
Keine Vergangenheit mehr die Zukunft trifft.
Meister,
Die Uhr ist stehen geblieben,
Die Eile ist verschwunden.
Die Zeit ist nie gewesen.
Der Tag, der folgt der Nacht,
Nie ist es anders gewesen
Und ich kreiere nun die neue Welt
Entsprechend meines Wesens.
Meister,
Erloschen sind die Geister
Und Geist bestimmt die Welt.
Alles erschafft sich
Stets aufs Neue
Und ich erlebe
Das geschaffene Bild,
Das schwingt im Todesrausch.
Meister,
Befreiter!
Ute Malina Rößner