Mon Cher,
ist das so, dass der Mensch, der aus viel Wollen besteht, es schwer hat, gelassen und glücklich zu sein? Natürlich ist es so, sonst hättest Du es ja nicht geschrieben :-), doch ich möchte es trotzdem nochmal auffädeln. Ich denke manchmal, dass die Menschen, die viel wollen, so mit ihrem Wollen beschäftigt sind, dass sie sich und damit ihr Unglück oder auch Glück schon gar nicht mehr wahrhaft spüren. Sie blenden sich einfach aus und funktionieren auf seltsame Weise. Je mehr der Mensch will, desto mehr kommt auch zu ihm. Nur die Frage ist, kann er das alles dann auch bewältigen, ohne selbst unter der Last zu Grunde zu gehen? Der Kopf kann auch Glück konstruieren, doch leider ist es in dem Fall so, dass es eben auch nur solange anhält, wie der Kopf dafür in Aktion ist. Es entsteht dadurch natürlich im Inneren ein Dauerstress. Er muss dafür ja viele Bereiche in sich ausklammern, vor allen Dingen die Herzenswüsche. Man kann ja auch mit Medikamenten bestimmte Zustände erzeugen und der Verstand kann das im Grunde genauso. Doch, wenn das Medikament nachlässt, bzw. der Verstand an Kraft verliert, bricht sich wieder der wahre augenblickliche Zustand seine Bahn. Die Ursache für die Kopfschmerzen war eben nicht geheilt und auch das neue Geschenk des Universums konnte kein Glück bringen, weil darin wieder mehr Wünsche verpackt waren, als für deren Befriedigung geliefert wurden. Die Last wurde nur größer und der Verstand kann diese so irgendwann nicht mehr händeln und schon gar nicht unter Kontrolle halten. So denke ich, kommt es bei vielen Menschen zu psychischen Überforderungen und letztendlich zu Zusammenbrüchen des Verstandes und des ganzen Systems, weil er irgendwann nicht mehr kann, diese Fassade, in die er so gerne schaut, die ihm vertraut ist und in die er selbstverliebt ist, aufrecht zu erhalten. Der Verstand ist wankelmütig, instabil und drängt gerade darauf zu, ausgeschaltet zu werden. Jede Maschine, die sich zu heiß läuft, bleibt irgendwann stehen aus Schutz oder geht kaputt. Wenn das Wollen aufhört, kommt es nicht unweigerlich gleich zu Glück und Gelassenheit. Doch das Tor dorthin hat sich damit erst einmal geöffnet. Bevor das Glück erfahren werden kann, muss das Ertragen können, durchlebt sein bis sich die Illusion darin selbst zerstört. Damit meine ich, es ertragen können, was geschieht, wenn das Wollen fallen gelassen wird und an deren Stelle das Geschehen lassen tritt und dann auch alle aufkommenden Gedanken und Gefühle einfach auszuhalten, ohne mit Wille und Wollen einzugreifen. Es ist, ein dem Tod die Hand reichen, ihn sein Handwerk verrichten lassen. Der Zustand könnte einer inneren Fastenkur gleichkommen, wo der Körper, sobald er Ruhe und Kraft gefunden hat, sich von Ablagerungen und Giftstoffen befreien möchte. Im geistig-seelischen Bereich ist das nicht anders. Sobald eingegriffen wird, zeigt es einen Zustand von Mangelgefühl an und sobald dagegen angetreten wird, wird sich wieder nur was in der äußeren Welt ändern, doch im Inneren nichts. Es wird dann lediglich immer wieder das Gleiche in neuen Gewändern durchlebt. Wenn wir wollen, bekommen wir auch das gereicht, was den Durst löschen soll. Es kommt genauso geschickt verpackt daher, wie jedes andere Geschenk und man weiß nicht gleich, was darin ist. Wir müssen uns nur den Zustand unserer Bestellung bewusst sein, dann wissen wir mehr. Gut ist es immer, denn alles bringt uns ein Stück weiter. Manche müssen eben siebenmal das gleiche Päckchen gereicht bekommen und manche nur dreimal, bevor es für sie wirklich in einer neuen Qualität weiter geht und mit neuer Qualität meine ich, dass man sich auf einer höheren Bewusstseinsebene erlebt und das Leben im außen sich dann auch entsprechend gestaltet. Das alles ohne Aktionismus aus dem Verstand heraus, auch wenn der immer wieder seinen Einsatz hat. Doch dann nur noch entsprechend als Diener seiner Herzensführung. Das alles ist von keiner Spur des inneren Mangels begleitet. Alles, was wir aus einem Gefühl des inneren Mangels gereicht bekommen, wird uns reich mit Mangelgefühlen beschenken. Was zu uns kommt aus tiefer innerer Zufriedenheit, Liebe, Harmonie, Hingabe, einem Überfließen an Zuneigung, ohne Fluchtgedanken aus einem Zustand heraus, wird uns mit Glück und Segen beschenken und das Bestehende vermehren. Das Bestehende wird immer vermehrt. Wer etwas vom Verstand her will, aus dubiosen Ängsten heraus oder Gier, ohne dass es ein wahrer Herzenswunsch ist und damit es auch in sein Leben zieht, um ein Loch zu stopfen, das er fühlt, wird in dieses fallen.
Herzliche Grüße Malina
PS: Ein "Wollen" gibt es, das wahrlich Sinn macht und Osho bringt es wunderbar zum Ausdruck:
„Seelenqual ist die Erforschung des eigenen Selbst, indem du dich selbst infrage stellst…… Ein gereifter klarer Verstand hat eine Frage, nicht einmal zwei, sondern nur noch eine einzige Frage: „Wer bin ich?“ und selbst das sollst du nicht buchstäblich nehmen; du bleibst einfach nur in der Haltung des Wissenwollens. Dieses existenzielle Fragen ist anfangs schrecklich, anfangs unerträglich, aber letztendlich bringt es dir allen Segen....
Unter den Wehen der Seelenqual wird der Gesegnete geboren.“ S.198/199
Osho "Die Kraft des Denkens"; Allegria-Verlag
Wer wir sind
Bin jetzt hier, Nur mit mir, Ohne Überfluss, Fern von Einfluss, Die mich halten wollen, Da wo ich war Unter Verschluss. Kontakte abgebrochen Oder unterbrochen, Freunde verstehen, Andere nicht. Nichts soll ablenken mich, Keine Musik, Keine Gespräche, Hab nur mich Und schaue da rein, Will, dass die Wahrheit Ich find, Zu verstehen, Wer wir sind.
Ute Malina Rößner 2001
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"Den lieb ich, der Unmögliches begehrt."
Johann Wolfgang von Goethe aus Faust II.Teil
"Leben ist Bewusstsein, und nur Bewusstsein kann ausstrahlen, je nach Entwicklungsstufe mehr oder weniger.....Weisheit ist viel mehr als bloße Intellektualität, denn:.Intellektualität ist lediglich die Intelligenz, des an den Körper gebundenen Verstandes, Weisheit dagegen ist - die Intelligenz der Seele!" S.19
Theodor Dombrowski aus "Charisma" ATLANTIS Verlag
„Ich fürchte, die Natur ist nicht nur gescheiter, als wir denken, die Natur ist gescheiter, als wir denken können.“ S.32
Ken Wilber aus "Wege zum Selbst" Goldmann-Verlag
„Ich frage: Was macht mich am meisten zum Menschen? Zola sagt: „Moi artiste je veux vivre tout haut“ – veux vivre ohne Hintergedanken – naiv wie ein Kind, nein, nicht wie ein Kind, wie ein Künstler mit guten Willen, so wie das Leben sich darbietet, werde ich es darin finden, werde ich mein Bestes leisten.“ S.325
Vinvent van Gogh aus "Briefe an seinen Bruder" ANACONDA-Verlag
"Das Ausbrechen aus der Existenzweise des Habens ist die Voraussetzung jeder Aktivität. In Eckharts ethischem System ist die höchste Tugend der Zustand produktiven inneren Tätigseins, dessen Voraussetzung die Überwindung jeglicher Form von Ichbindung und Gier ist." S.70
Erich Fromm aus "Haben oder Sein" Deutsche Verlagsanstalt GmbH Stuttgart
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