Vertrauen und Vertrauen (6. Brief an Marie) 

 

 

Liebe Marie,

natürlich erzähle ich nicht jeden, was ich denke und was ich fühle. Das ist nicht Vertrauen. Vertrauen ist, dem „Richtigen“ das „Richtige“ im „richtigen“ Moment zu erzählen und auch das Richtige im richtigen Moment zu tun. Das Richtige ist immer das, was Du aus Deiner Verbindung mit dem Herzen heraus fühlst und Dich dabei im Einklang, also ungespalten. Du fühlst Dich geborgen. Du fühlst Dich nicht an bestimmte Formen und Gedanken geheftet, die Dich in der Vergangenheit zu etwas geprägt hatten. 

Das heißt, dem ich was mitteile, teile ich es aus der Verbindung mit meinem Herzen mit. Das Her ist verbunden mit dem Herzen aller. Ich bin mehr oder weniger einfach Kanal, damit das ausgedrückt und getan werden kann, das geschehen kann, was für die augenblickliche Situation das Beste und Sinnvollste ist, dass, was gleichzeitig zu größerem Wachstum, seelischem Wachstum führt, was auch gleichzeitig immer ein Stück Befreiung für die Seele bedeutet. Sie kann sich weiter weiten. Auch das Zuhören wie alles andere auch, sollte immer aus der Verbindung mit dem Herzen stattfinden, damit wir wirklich hören können und nicht vom Verstand alles abgefangen wird und wir in dem Geplapper stecken bleiben. 

Egal, was im Anschluss aus meiner Handlung aus dem Vertrauen zu meinem Herzen wächst – es ist richtig! Es ist richtig für das Wachstum und die Reifung der Seelen. Es ist richtig und das spürt man in seinem Inneren. Im außen kann es sogar als Unfug erscheinen. Doch das kommt nur aus dem gespeicherten Gedankenkomplexen. Bestimmte Gedankenkomplexe ergeben bestimmte Gedankenmuster und die passen eben nicht unbedingt mit dem zusammen, was die Seele, was das Herz, was die Existenz gerade so im Schilde führt.

Es kann passieren, dass man im Nachgang im inneren großen Missfallen empfindet. Dann sollte es sein, dass man gerade dieses Missfallen in sich spürt. Da wurde ich eben gerade dahin geführt, damit etwas bewusst werden kann, sich in Bewusstheit auflösen kann. Im Endeffekt führt mich diese Situation wieder ein Stück weiter zu mir selbst, weil wieder etwas aufgelöst wird. Das funktioniert nur, wenn man weiter seinem Inneren lauscht, Beobachter bleibt und sich die innere Ordnung wieder herstellen spürt bzw. die Ordnung verstärkt. Im Vertrauen zu bleiben, darauf kommt es an und sich nicht von eventuell aufkommenden Emotionen überwältigen und einnehmen zu lassen. Du bleibst das Meer und schaust dem Wellengang einfach zu. Du lässt Dich nicht mehr von irgendeiner aufkommenden Emotion überwältigen, mit der Folge der weiteren Verdrängung, Projektion und Ablehnung.

Dein Vertrauen zu Deinem Inneren wächst und wächst und Du bleibst immer mehr darin verwurzelt. Tiefe Dankbarkeit wächst in Dir und auch das Verständnis. Das heißt nicht, dass andere sich von Dir unbedingt besser verstanden fühlen. Nein, es heißt, Du verstehst, warum, was geschieht. Du verstehst, warum eine Situation so ist, wie sie ist und das Fällen von Urteilen fällt immer weiter von Dir ab.

Also Vertrauen hat nichts damit zu tun, dass ich jedem und alles vertraue. Ich vertraue lediglich meinem Herzen, meinem eigenen Inneren. Es geht darum, dass ich mich im jeweiligen Moment so verhalte, wie ich es daraus spüre. Wenn diese Verbindung nicht zu spüren ist, dann gilt es inne zu halten. Du verhältst Dich nicht mehr so, wie es Gedankenspielen entspringt ohne diese Verbindung zu fühlen. Das Denken wägt in jedem Moment die Vor- und Nachteile ab und agiert daraus. Doch das Herz nicht! Das Herz hat keinen kleingeistigen Charakter und sieht und erfasst mehr. Es erfasst das, was der Verstand in dem Moment nicht erfassen kann und dient dem Menschen als Ganzes.

Vielleicht magst Du jetzt einwenden, dass wir doch aber nun mal den Verstand haben, um nachzudenken und daraus zu handeln. Wir haben ihn doch, um ihn zu benutzen und nicht brach liegen zu lassen. Wir müssen doch nachdenken, was richtig und was falsch ist. Das kann doch nicht anders sein. – Ja, liebe Marie, wir haben ein geniales Werkzeug bekommen, den Verstand und die Fähigkeit des Denkens und ohne dem, wie sollten wir uns dann zu wahrhaften Individuen entwickeln, die bewusst agieren und gleichzeitig nicht an das Individuum gebunden sind und an es haften. Doch soll er bestimmen, was richtig und was falsch ist? Sollen die darin gespeicherten Gedanken aus der Erinnerungskiste bestimmen, was jetzt in der augenblicklichen Situation das Richtige ist? Sollen Gedanken, die wir vielleicht nur haben aufgrund dessen, weil sie uns übergestülpt wurden, wir die Meinung von anderen zu unserer gemacht haben und daraus denken, was jetzt und für uns das Richtige ist? Soll eine alte Erfahrung eine neue bestimmen und das gleiche Gewand tragen?

Marie, ist es Dir noch nie so ergangen, dass Du z.B. jemanden, den Du für sehr vertrauenswürdig hältst irgendetwas gesagt hast oder Du hast irgendetwas getan, das für Dich im Moment eine logische Handlung war und im Nachhinein kam trotzdem der Zweifel? Der Zweifel kommt dann, wenn es eine roboterhafte Handlung war und keine lebendige, spontane aus dem Augenblick, aus der Präsens. Ein Teil von Dir war schon wieder mit den Gedanken woanders hin marschiert. Er war schon wieder in der Vergangenheit oder in der Zukunft unterwegs. So ist die Folge, dass Du dann auch wieder in der Vergangenheit oder in der Zukunft mit Deinen Gedanken festhängst.

Marie, Du kannst kein Vertrauen außerhalb von Dir selbst finden, egal mit wie vielen für Dich vertrauenswürdigen Personen Du zu tun hast. Vertrauen findest Du nur in Dir und dieses innere Vertrauen bestimmt, wem Du im außen etwas anvertraust oder nicht. Es bestimmt, mit welcher Energie Du etwas tust oder es sein lässt. Es bestimmt, was Du wem sagst und wie Du Dich wem gegenüber verhältst. Das Vertrauen musst Du in Dir wieder entdecken. Du kannst Deinen Verstand dafür nicht missbrauchen. Dann wirst Du enttäuscht sein. Er ist ein Werkzeug. Er ist eine Art Brücke. Wem lässt Du sie nutzen? Wem dient der Verstand und was läuft dort ab? Besteht da ständig reger Gedankenverkehr ohne Verkehrsregeln, wo ein Gedanke den nächsten überrollt und versucht von der Straße zu drängen und Du selbst am Ende verzweifelt kaputt darnieder liegst?

Geh in die Stille.

Der Verstand ist wie eine Brücke, durch die wir vom Unbewussten zum Bewussten kommen.

Eine bewusste Entscheidung kommt immer nur aus der Verbindung mit dem Herzen. Dieses Bewusstsein trägt Dich und schenkt Sicherheit und Geborgenheit. Die Unsicherheit und Unberechenbarkeit des Lebens lässt sich im Grunde nur mit einem hohen Bewusstsein ertragen. Ansonsten ist man doch eher versucht sich aus der Lebendigkeit davon zu schleichen und sich in Scheinsicherheiten einzuschließen. 

Wenn Du mehr und mehr aus dem Herzen heraus handelst, wirst Du beobachten, dass Du vieles tun wirst, was Dein Verstand im jeweiligen Augenblick gar nicht begreift, denn das gespeicherte Denken kann es nicht begreifen. Für den Verstand wird es erst später logisch und klar. Für den Verstand ist nur das logisch und verständlich, was er bereits kennt, das Vergangene.

Wenn Du diesen Weg gehst, machst Du Erfahrungen, die entbehren manchmal jeglicher Grundlage dessen, was Du gelernt hast und wozu Du erzogen wurdest und was Du glaubst, Dich auszumachen.

Natürlich bäumt sich der Verstand nicht immer merklich auf. Es ist eben dann sehr stark, wenn es um die Auflösung von Mustern und Blockaden von Dir geht. Trotzdem fühlst Du, weißt Du, dass es richtig ist, jetzt genau das zu tun und glaub mir, es wird sehr oft ein Lächeln in Dein Gesicht zaubern, weil Du es eben gerade vom Verstand her nicht begreifst.

Du kannst manchmal das Gefühl bekommen, dass eine ganze Mülltonne an Gedanken über Dich ausgeschüttet werden, weil gerade eine Gedankenblockade aufgelöst werden soll und wird. Trotzdem bleibst Du mit Deinem Herzen verbunden, mit der Instanz, die Dir Schutz bietet und aus der Du das Geschehen mehr als Beobachter wahrnimmst. Dubiose Ängste, die Dich vielleicht eingeengt und begrenzt haben werden aufgelöst. Du wirst weiter, Deine Seele wird reicher und Du heiler.

Nun wirst Du vielleicht fragen, was hat Angst mit Vertrauen zu tun? Wieso nochmal Angst haben, wenn ich doch aus dem Herzen heraus handele? Was Du in dem Moment als Angst wahrnimmst, ist eine Illusion, in der Du noch verhaftet warst, unbewusst verhaftet warst.

Dem können Traumas zugrunde liegen, die sehr weit zurückliegen, bis hin zu sehr weit zurückliegenden Inkarnationen und die Dich gesteuert haben und Dich vielleicht einerseits beschützt haben und doch auch behindert. Die rechte Zeit, wann etwas aufzulösen ist, signalisiert Dir das Herz, deine Seele und es geschieht dann so, dass Du wirklich danach heiler bist und bewusster.

Wenn so etwas durch das Herz selbst eingeleitet wird oder durch die Seele, dann kann Dich auch aufkommende Angst oder eine Emotion nicht mehr übermannen und zurückreißen. Es schwimmt einfach weg von Dir. Es taucht auf, zeigt sich, ordnet sich und das was sein soll, integriert sich harmonisch.

Wenn sowas geschieht, bist Du bereits soweit in Deinem Herzen verankert, in Sicherheit, dass Du solche Prozesse zulassen kannst. Verdrängtem wird die Tür geöffnet und ins Bewusstsein gelassen.

Aus solchen Erfahrungen wirst Du jeweils wie Phönix aus der Asche aufsteigen.

Das ist nach jedem Lösungsprozess so.

Du bist immer weniger darin aufzuhalten, den Weg zu gehen, den Du aus Deinem Herzen spürst unabhängig davon, was andere über Dich denken, in welche merkwürdigen Situationen Du Dich wiederfindest und auch in welchen scheinbar fundamentlosen Lebenssituationen.

Du nimmst an, akzeptierst, vertraust und schaust, wie es weiter geht. Du fühlst Dich wahrhaftiger, authentischer, in Dir ruhender. Deine Präsens wächst und damit ist für Dich auch alles transzendenter.

Vertrauen schließt immer die Bereitschaft zu sterben ein. Du stirbst ständig, doch hörst auf, Dich dagegen zu wehren. Im Gegenteil, Du bist dabei. Veränderung bedeutet immer, dass etwas stirbt, dass Neues entstehen kann.

Auch Deine Vorstellungen sterben, die Du von Dir und von anderen hast, auch die, wie Dein Leben sein sollte, denn alles, was Du glaubst zu sein oder ein anderer ist, entspringt Deinen gespeicherten Erinnerungen.

Du verschmilzt immer stärker mit Deinem Wesenskern. Du nährst die Harmonie in Dir. Es ordnet sich alles immer besser in Dir und findet seinen Platz und in dieser neu geschaffenen Ordnung entdeckst Du Deinen neuen Platz.

In diesem Sinne
Herzliche Grüße an Dich 
Malina

 

                  

 

 Die Seele antwortet

 

Du fragst, wo ist die Freiheit?

Ich sage, zwischen Zukunft und Vergangenheit.

 

Du fragst, wo ist das Glück?

Ich sage, in der Lebendigkeit des Augenblicks.

 

Du fragst, wo ist die Sicherheit?

Ich sage, im Glauben an deine Göttlichkeit.

 

Du fragst, wo ist die Phantasie?

Ich sage, schau hinter die Schranken

Deines Denkens und du findest sie.

 

Du fragst, wo ist der Frieden?

Ich sage, lass los alles, was stört diesen.

 

Du fragst, wo ist das Vertrauen?

Ich sage, kehre um zu dir

Und du wirst staunen.

 

Du fragst, wo ist die Liebe?

Ich sage, befreie dein Herz

Und du bist Liebe.

 

Du fragst, warum wollen die Menschen Macht?

Ich sage, sie haben sich selbst verloren,

denn sie gaben nicht auf sich acht.

 

Du fragst, warum empfinden die Menschen Neid?

Ich sage, sie sehen nicht durch die eigene Maske

des anderen Leid.

 

Du fragst, warum fühlen Menschen sich leer?

Ich sage, sie sehen vor lauter Mauern nicht

Den Reichtum im eigenen Meer.

 

Du fragst, woher kommt des Menschen Angst?

Ich sage, losgelöst vom Ganzen

er immer bangt. 

 

                                     

                                                          

 U. Malina Rößner 


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 Hier geht es zum 5. Brief an Marie: "Vertrauen und Akzeptanz

Hier geht es zum 7. Brief an Marie: "Vertrauen und Verstand" 

 

 

 "Vertrauen ist eine Qualität in dir selbst." 

Osho

"Die Automatisierung des Individuums in unserer Gesellschaft hat die Hilflosigkeit und Unsicherheit des Durchschnittsmenschen noch verstärkt. Er ist deshalb bereit, sich neuen Autoritäten zu unterwerfen, die ihm Sicherheit anbieten und seine Zweifel mildern."

Erich Fromm 

aus" Die Furcht vor der Freiheit."

"Man will uns leider oft daran hindern, dieses Wesen, dieses Zentrum gebührend zu beachten. Es wird abgewertet, als wäre es geradezu etwas Sozialfeindliches, sich auf sich selbst zu besinnen. Ich behaupte: Es ist ein Verbrechen, uns davon abzulenken und uns davon wegzumanipulieren. Es ist ein u sozialer Vorgang, das Wesen und den seelischen Kern eines Menschen nicht zu respektieren, ihn als ein Werkzeug zu betrachten und zu manipulieren. Es ist ein Verbrechen, einen Menschen seelisch geistig zu "entselbsten" und ihm Regeln nahe zu bringen, wie er werden soll, ihn daran zu hindern, sich so zu entwickeln und zu entfalten, wie er ist. Es ist eine Aggressivität des Denkens, andere Menschen nach einem Bild manipulieren zu wollen."

 Peter Lauster

aus" Der Sinn des Lebens"