Der Verstand bindet. - Das Herz verbindet.

Liebe Beatrice,

 

ich kann Dir nicht sagen, ob Du dieses oder jenes tun sollst. Doch denke daran, nur was Du aus Deinem Herzen fühlst, zu tun, bringt Dich voran und lässt Dich frei.
Was Du aus dem Verstand tust, hängt Dir an.
Deshalb scheue nicht, auch etwas zu tun oder nicht zu tun, was Dein Verstand nicht versteht. Tu es oder lass es. Es bindet Dich nicht an zweifelnde Gedanken und an die Vergangenheit und giert nach keiner Zukunft. Eine Handlung aus dem Verstand heraus ist immer mit Erwartungen verbunden. Es reißt Dich grundsätzlich aus dem Hier und Jetzt. Der Verstand ist immer auf seinen Vorteil bedacht, doch es tritt damit nicht unbedingt ein Vorteil für Deine seelische Entwicklung und Erfüllung ein.
Fühle in Dein Herz, ob es gut ist, dort hinzugehen oder ob es eine Ablenkungsstrategie ist aus Angst vor dem Unbekannten, das in Dir ist uns Dich irritieren könnte, wenn Du nicht mehr im Außen nach Antworten suchst und auf vielen Plätzen präsent sein möchtest und gebraucht.
Vor dem Abschluss zitiere ich noch eine kleine Geschichte, die ich bei Osho las und mir gefiel. Es handelt von Rabia al-Adawia, einer Sufi-Mystikerin.

 

 

„Eines Abends, als die Sonne am Untergehen war und es draußen gerade noch ein bisschen hell war, sahen die Leute sie auf der Straße sitzen und etwas suchen. Sie war schon eine alte Frau, ihre Augen waren schwach, und sie konnte nicht mehr gut sehen. Also kamen die Nachbarn, um ihr zu helfen. Sie fragten: „Wonach suchst du denn?“ Rabia antwortete: „Diese Frage ist unwichtig. Ich suche – wenn ihr mir helfen könnt, dann helft.“
Sie lachten und meinten: „ Rabia, bist du verrückt geworden? Du sagst, unsere Frage ist unwichtig, aber wenn wir nicht wissen, wonach du suchst, wie können wir dir da helfen?“
Rabia erwiderte: „In Ordnung – nur um euch zufrieden zu stellen -, ich suche nach meiner Nadel. Ich habe meine Nadel verloren.“ Sie begannen ihr also bei der Suche zu helfen, doch sofort wurde ihnen klar, dass die Straße sehr groß war und eine Nadel sehr klein ist.
Also fragten sie Rabia: „Sag uns doch bitte, wo du sie verloren hast – die genaue Stelle -, sonst ist es schwierig. Die Straße ist so groß, und wir könnten ewig danach suchen. Wo hast du sie denn verloren?"
Rabia meinte: „Schon wieder eine unwichtige Frage. Was hat das mit meiner Suche zu tun?“
Sie hielten inne und riefen aus: „ Jetzt bist du wirklich verrückt geworden!“
Rabia erwiderte: „In Ordnung – nur um euch zufrieden zu stellen -,
ich habe sie im Haus verloren.“

Da fragten sie: „Und warum suchst du sie dann hier draußen?“
Worauf Rabia geantwortet haben soll: „Weil hier draußen Licht ist und  drinnen im Haus nicht.“

 

Osho aus „Intimität“ ; Ullstein Verlag

 

 

 

 

 

 

 

 "Wenn man die eigene Natur verurteilt, wird man gespalten, man wird schizophren."


Osho aus "Intimität"

"Er hatte zu viel Angst, sich zu entblößen. Er war zu einem großen Genie geworden, und sich zu entbößen, hätte ihn wieder auf die Stufe mit den gewöhnlichen Menschen gebracht. Er trug in sich dieselben Ängste, dieselben Wünsche, dieselben unterdrückten Begierden. Er sprach nie über seine Träume, er ließ sich immer nur von anderen Leuten deren Träume erzählen. Und seine Kollegen waren sehr überrascht darüber -"Es wäre doch ein wertvoller Beitrag, deine Träume zu kennen." Doch er war niemals bereit, sich auf die Couch zu legen und über seine Träume zu sprechen, denn seine Träume waren so gewöhnlich wie die von allen anderen Leuten auch - und das machte ihm Angst."

 
Osho aus "Intimität"


 


 




 

 

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