Kreativität wieder entdecken (20. Brief an Marie) 

 

Liebe Marie ,

Nachdem Du meinen Brief über Malen und Meditation gelesen hast, überfiel Dich eine große Trauer. Du musstest darauf hin erstmal hinaus in die Natur, denn Du warst in Kindheitserinnerungen gefallen. In dieses Durcheinander wolltest Du in Ruhe während eines Spaziergangs schauen.

Du schreibst, Du hast früher immer gerne gemalt, so als ganz kleines Mädchen und Deine Bilder verschenkt an Mama, Papa, Onkels und Tanten. Doch das verlor sich mit Eintritt in die Schule immer mehr. Du warst es gewohnt, dass sich über Deine Bilder gefreut wird und plötzlich war da immer was zu korrigieren. Du hattest das Gefühl, es wird nur das gesehen, was Du falsch machst. Du hast das Malen immer mehr sein gelassen. Der Unterricht nannte sich ja auch nicht Malen, sondern Kunsterziehung. „Wir sollten also zur Kunst erzogen werden.“ hast Du so gedacht.

Wenn Du jetzt darüber nachdenkst, erschrickt Dich schon das Wort. Du hast das Gefühl , die ganze Erzieherei und Bewerterei hätte Dich nicht nur Deiner Freude am Malen beraubt und dazu hätte sie Dich auch zu viel Unsicherheit in Deine Fähigkeiten als Ganzes geführt. Es hat sich einfach in alles übertragen. Mit den Jahren hat es Dich sogar immer mehr Deiner Lebensfreude und Spontanität beraubt. Du hast Dich immer mehr wie ein Roboter gefühlt, weil Du bemerkt hast, dass wenn Du gut auswendig lernen kannst und machst, was die anderen von Dir wollen, dass Du da wenigstens Deine Ruhe vor Kritik und Nörgelei hast und auch vor Eifersucht. Wie Du Dich durchzusetzen hast, das hast Du wohl gelernt. Du schreibst, Du musstest nur versuchen besser zu sein als die anderen indem, was erwartet wurde. So haben es natürlich alle anderen auch gemacht und so hat man im Leben ja auch was erreicht. „Anders wird man doch nix. Ehrgeiz und Leistung zählen.“ Die Sätze sind Dir vertraut. Irgendwann steht man halt da mit all dem Erreichten und glücklich und zufrieden ist man trotzdem nicht. Da kann man froh sein, wenn man halbwegs gesund ist.

Liebe Marie, das was Du schreibst, kann ich alles sehr gut nachvollziehen. Es geht sehr vielen Menschen so, dass sie an einen Punkt ihres Lebens gelangen und ihr bisheriges Leben und sich selbst infrage stellen. Es geht nur jeder in der Folge unterschiedlich damit um und zieht unterschiedliche Konsequenzen daraus.

Du möchtest jetzt einfach wissen und herausfinden, woran Deine Seele wirklich Freude hat. Du willst wissen, wobei Du Dich fließend fühlst und Du das Gefühl hast, Dich ausdehnen zu können in Deinem Tun und sich Dein Wesen ausdrückt. Du möchtest Dich im Einklang mit Deiner Seele fühlen und aus diesem Gefühl heraus, das Leben einfach mehr und besser akzeptieren können so wie es nun mal ist. Die Leiden in der Welt sind doch so unermesslich, doch das sich damit trösten, dass es einem ja noch besser geht als vielen anderen, kann es ja nicht sein. Auch das Mitleiden und immer dort seine Aufmerksamkeit zu haben, um vielleicht ein guter Mensch zu sein, bringt doch auch nichts. Du willst jetzt einfach keine Nachrichten mehr hören und willst nicht mehr jeden Tag über die Schrecken, die gerade wieder irgendwo in der Welt passieren informiert werden. Informationen werden überall hin- und hergeschoben und einem vor die Nase gesetzt, aber grundsätzliche Änderungen geschehen nicht dadurch. Im Gegenteil, es geschieht oft viel Verwirrung durch die unterschiedlichsten  und sich widersprechenden Informationen zu ein und dem selben Thema. 

Liebe Marie,  Wissen zu besitzen und informiert zu sein über das tägliche Geschehen irgendwo bringt wirklich nicht gerade viel, wenn es nicht Informationen sind, die Dir helfen etwas zu ändern.

 Änderungen geschehen ja in jedem Augenblick und sie haben in erster Linie was mit uns selbst zu tun. Ansonsten drehst Du Dich nur immer wieder im selben Kreis und Deine Informationen kreisen mit und nichts ändert sich.

Du kannst die Welt nur heiler machen, wenn Du heiler bist. Wir sind keine feste Materie, sondern bestehen aus Energie. Wir sind Schwingungsfelder und damit strahlen wir auch eine bestimmte Schwingung wellenartig in die Welt hinaus. Ein höheres Schwingungsfeld bedeutet gleichzeitig ein höheres Bewusstseinsfeld. Nur ein höheres Bewusstsein und die damit neuen Verhaltensweisen werden langfristig eine neue Welt schaffen. Probleme auf der gleichen Bewusstseinsebene lösen zu wollen, bedeutet nur ein Hin- und Herschieben, ein Verlagern der Probleme.

Wir müssen uns selbst aus unseren inneren Zwängen befreien, die aus unseren Prägungen, Existenzängsten, unserem Gefühl, nie genug zu sein, unseren Minderwertigkeitskomplexen, unserem Drang im Konkurrenzkampf bestehen zu wollen, einen guten Platz in der Gesellschaft zu haben usw. herauslösen.

Das funktioniert nur, indem wir unserer selbst bewusster werden. Wir brauchen einfach das innere Wissen und die Kenntnis von unserem eigenen inneren Wesenskern. Dort sich wiederzuentdecken und wiederzufinden, bedeutet kampflos in Akzeptanz und Frieden zu leben zu können.

Je mehr Menschen diesen Zustand erreichen, desto mehr Frieden und Harmonie werden in die Welten einziehen. Neue Schwingungen gehen dann in die Welt und niemand kann sich davor schützen. Sie dringen auch in Menschen ein, die oft verantwortlich für das negative Geschehen in der Welt gemacht werden. Doch im Grunde sind auch diese nur Opfer, die zu Tätern wurden und leben nicht aus ihrem wahren Wesen, nicht aus der Verbindung mit dem Herzen heraus.

Außerdem entspringen sie auch dem Ganzen, dem was im Moment gerade ist.

Die Sonne scheint auf alles gleichermaßen ohne Wertung. Die Sonne hat die Kraft, Eis zum Schmelzen zu bringen und damit alles in Fluss. Mit einer Spitzhacke kann man Eis zertrümmern, doch es bleibt Eis.

Kreativität, liebe Marie, ist der Schlüssel, uns wiederzufinden. Wir sind kreative Wesen. Leben bedeutet Kreativität. Kreativ sein bedeutet bewusst sein. Es ist kein mechanischer Akt aus dem Verstand heraus und hat auch nichts mit den Fähigkeiten eines Vogels zu tun, der in der Lage ist, sich sein Nest zu bauen. Er braucht dafür nicht bewusst zu sein. Er baut es genauso wie alle Vögel seiner Art.

Doch wenn zehn Menschen sich ein Haus bauen wollen, so könnten das zehn grundverschiedene einzigartige Häuser sein. In jedem spiegelt sich  die individuelle Schöpferkraft des Einzelnen wieder.

Wir sind Schöpfer, die durch Nachahmung lernen, doch ausgestattet mit dem Samen, Werke zu schaffen und Wunder zu vollbringen. Wir sind nicht dafür geeignet, unser ganzes Leben nur nachzuahmen. Daran verkümmert die Seele.

Seine Kreativität wiederentdecken und alles Tun kreativ geschehen lassen, ist der Weg in ein erfülltes Sein.

Liebe Marie, Du hast meine Mandalas entdeckt und fühlst Dich beflügelt, selbst welche zu entwerfen und zu malen. Da möchte ich bemerken, dass das Mandala malen Dich in einen zutiefst meditativen Zustand führen kann. Dabei werden Deine kreativen Fähigkeiten freigesetzt und auch alte Verhaltens- und Gedankenmuster können erlöst werden.

Ein Mandala symbolisiert die kosmische harmonische Einheit. Du selbst bist ein Kosmos und wirst diese Einheit im Prozess des Schaffens entdecken und erleben. Ein Mandala steht für Ganzheit, Einheit, Harmonie und unendlicher Vielfalt. Marie, würdest Du für den Rest Deines Lebens nur noch Mandalas malen, würdest Du am Ende feststellen können, dass kein Mandala einem anderen gleicht. Nie bist Du das, was Du im vorherigen Augenblick gewesen. Nichts gleicht sich deshalb, außer Du versuchst das Alte nachzuahmen. Dann können diese sich zum Verwechseln ähnlich sehen. Doch vergiss nicht, Gott ist kein Nachahmer, sondern ein Schöpfer.

Auch kein Mensch gleicht einem anderen. Wir sind alle einzigartige Geschöpfe, doch von einem Schöpfer, der all seine Geschöpfe gleichermaßen liebt, so wie eine Mutter ihre Kinder, so unterschiedlich sie sich auch entwickeln und verhalten.

Mit welchem Recht also, sollten wir einander Urteile über uns fällen?

Es sollte immer um eine Sache gehen, die veränderungswert ist, doch kein Mensch gehört an den Pranger und sollte niemals aufgrund z.B. einer Tat als Ganzes bewertet werden. Der Verstand macht das gerne, weil es einfach und bequem ist und man braucht dazu nicht mal in sein Herz zu fühlen. Wir Menschen müssen alle in die göttliche Ordnung finden, jedes Puzzleteil seinen Platz, damit das Weltbild als Ganzes harmonisch ist und jeder sich in seiner Welt wohl zum Wohle aller fühlen kann.

Herzlichst

Malina

 

 

 

 

 

 

 

"Wahre Kunst bedeutet, dass sie dir hilft,
still zu werden, ruhig, voller Freude.
Das es in dir einen Jubel erzeugt
und etwas in dir zum Tanzen bringt.
Ob jemand anderer daran teilnimmt
oder nicht ist unwesentlich.“
S.207

 

Osho

 "Kreativität" 

 Heyne - Verlag 

 

 

 

Hier geht es zum 19. Brief von Marie: "Verstopfungen mich Wissen und Bildung"

Hier geht es zum 21. Brief an Marie: "Blockadenlösungen" 

 

"Die Psyche des modernen Menschen ist voller Zorn – wütend, weil er nicht mit seinem Sein in Kontakt ist, wütend, weil er allen Sinn verloren hat, wütend, weil er nicht weiß, was seine Bedeutung ausmacht.“ S.183

Osho

"Kreativität" 

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"Zerbrich dir also nicht den Kopf darüber, was wahre Kunst ist. Wenn Dir das Tun Freude macht, wenn Du Dich im Tun verlierst, wenn du dich im Tun von Freude und Frieden überwältigt fühlst, dann ist es wahre Kunst. Kümmere dich nicht,

was Kritiker sagen.

Kritiker haben keine Ahnung von Kunst.“ S.207

Osho

"Kreativität" 

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"Das also ist mein Kriterium: Wenn es dich zu Gott führt, ist es wahre Kunst, dann ist es authentische Kunst.“ S.208

Osho

"Kreativität" 

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"Wahre Kreativität kommt nicht aus der Erinnerung, sondern aus dem Bewusstsein." S. 181

Osho

"Kreativität" 

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