Die Seele glücklich machen (4. Brief  an Oskar ) 

 

Lieber Oskar,

 

die Seele glücklich machen? Ob das nicht das wichtigste ist, fragst Du Dich nach allem, was Du so gelesen hast und denkst? Du fragst Dich nun, ob dies dadurch gelingen könnte, wenn Du Deine Aufmerksamkeit nur noch auf schöne Vergnügungen richten könntest und versuchst, soviel Spaß wie möglich zu leben, auch wenn Dir klar ist, dass Du im Moment nicht weißt, ob Dir das gelingen könnte, denn als die große Spaß- und Vergnügungskanone hast Du Dich noch nie gefühlt. Für Dich war es schon immer mehr Spaß, über Deine Gewinn- und Verlustrechnung zu sitzen und Dir etwas auszudenken, wie Du den Umsatz steigern kannst. Du fragst Dich auch, ob die Seelen der Menschen, die in Armut, Hunger, im Krieg leben oder die vieles tun müssen, wozu sie eigentlich gar keine Lust haben, die schwere Krankheiten haben, dann alle unglücklich sind. Immerhin hättest Du Dir ausgesucht, was Du leben willst und was nicht. Von da ausgesehen, müsste Deine Seele strahlen vor Glück. Du schreibst: „Das scheint sie wohl nicht zu tun, sonst würde ich mich doch jetzt nicht so ausgebrannt fühlen. Ich dachte, ich bekomme das mit ein paar Tabletten wieder hin, aber der Arzt verschreibt mir ja keine. Ich bin auch nicht der Typ, der dann versucht, sich anderweitig was zu besorgen, denn ich will meine Gesundheit ja nicht kaputt machen. Ich will fit sein und mich gut fühlen. Außerdem interessiert mich das mit der Seele jetzt sehr. Ich will wissen, ob ich eine habe. Natürlich habe ich Gefühle, doch ist das nun gleich Seele? Wenn ich eine richtig tolle Frau auf der Straße sehe, dann bekomme ich schon recht fix Gefühle. Doch hat das was mit Seele zu tun? Auch bekomme ich richtig gute Gefühle, wenn ich ein deftiges Steak auf meinen Teller habe und mir die flotte Kellnerin noch ein kühles Bier dazu serviert. Na, ich weiß nicht, inwieweit das alles aus der Seele kommt? Vielleicht ist sie ja der Schlüssel, damit ich mich wieder erhole und es mir insgesamt besser geht und ich mich nicht mehr so getrieben fühle.“

Lieber Oskar, wie wolltest Du Deine Seele glücklich machen, wenn Du weder ihre Bedürfnisse noch ihre Ziele kennst, Du Dich ihrer gar nicht bewusst bist, gar nicht spürst, dass Du eine hast, gar nicht erlebst, wie sie wächst? Du kennst doch im Grunde, wie die meisten Menschen nur die Bedürfnisse des Körpers, die zum großen Teil selbst schon verfälscht sind. Du kennst die Bedürfnisse Deines Verstandes. Du kennst die Bedürfnisse, die gesellschaftlichen Ursprungs sind und Du als die Deinen übernommen hast. Du bist identifiziert mit Bedürfnissen, die für Dich greifbar und real sind. Das Wachstum Deines Körpers erlebst Du, auch erlebst Du, wenn er satt und zufrieden ist. Du erlebst eine sexuelle Ejakulation als Befriedigung und der Blick auf die Jahresbilanz Deiner Firma signalisiert Dir Erfolg und damit ein gutes Gefühl. Doch erlebst Du das alles gleichermaßen seelisch?

Keine Angst, die Seele gönnt Dir alles an Erfahrungen und sagt Dir nicht, dass ist richtig und das falsch. Sie will auch alles erfahren. Das ist ihre Natur. Doch sie will auch, dass Du das, was Du erlebst auch beobachtest und durchschaust. 

Für die Seele ist die Frage nicht, was und wieviel Du erlebst, sondern wo Du bist, während Du es erlebst. Beim Sex zum Beispiel – bist Du dann nur noch Tier? Entschuldige, aber ein Vergewaltiger ist das auch, der einzig und allein seinen Trieb befriedigen will, von dem er sich beherrscht fühlt oder er dokumentiert seine Machtverhältnisse. Erlebst Du auch die seelische Verbundenheit mit Deiner Partnerin? Wenn Du isst – spürst Du, während Du das Steak zwischen den Zähnen zermalmst den Prozess des Essens oder schwirren Deine Gedanken ganz woanders herum? Wenn Du wie besessen auf das Bilanzergebnis lauerst, fühlst Du dabei tiefen Frieden und Herzensfreude in Dir oder reine Befriedigung des Egos. Den Unterschied stellst Du leicht fest, indem Du Dir bewusst machst, ob die Freude und das Gefühl von Frieden schon vorher da war oder es lediglich durch das positive Bilanzergebnis ausgelöst wurde. 

Tust Du die Dinge aus Zufriedenheit heraus oder wird einfach eine Befriedigung nach der anderen gesucht. Handelst Du, um ein bestimmtes, bereits im Kopf festgelegtes Ziel zu erreichen oder geht es um den schöpferischen Prozess des Geschehens, geht es darum, Deine Liebe auszudrücken. 

Es kann durchaus beides sein, doch Bewusstheit sollte stets dabei sein. 

Die Seele will erfahren, doch für ihre Weiterentwicklung in der Evolution und damit zu mehr Bewusstsein. Wenn wir etwas bewusst erleben, fallen die Dinge, die Dir oder der Menschheit schaden, mehr und mehr ab von Dir wie welke Blätter. Es ist erlebt und damit ist genug. Nur was wir unbewusst tun, erleben wir immer und immer wieder, wenn auch in verschiedenen Gewändern. Dagegen erleben wir was wir bewusst tun, immer wieder neu. Keine Handlung gleicht der vorangegangenen. Es ist immer ein neues Stück Leben, das sich abspielt. Es ist dabei immer was am Wachsen.

Die Seele will sich letztendlich als inkarniertes Bewusstsein erfahren und erleben. 

Die Seele strebt dahin, dass Du als Mensch alles wertfrei erleben kannst. Sie möchte, dass Du reifst an Deinen Erfahrungen und damit ihre Präsenz spürst, indem Du Dich stets fließend erlebst. So kommt sie ans Ziel. Sie spürst Du nur, wenn Du mit ihr im Einklang bist. 

Die Seele will nicht nur Glück erfahren, jedenfalls nicht das, was der menschliche Verstand unter Glück versteht. Sie braucht alle Erfahrungen, um alles verstehen zu können und wertfrei mit allem mitfühlend und verstehend sein zu können. Sie will Dich von jeglichem Gefühl der Trennung und Spaltung erlösen und dass Du Dich als lebendiges schöpferisches Bewusstsein erfährst.  

Ich putzte heute Morgen meine Küche und dabei kam mir etwas in den Sinn.

Es ging um den Job als Mensch, der höher angesiedelt ist als jeder irdische Beruf. Das, was wir erfahren wollen, kommt aus der Seele. Sie will sich durch Erfahrungen und Empfindungen erkennen und weiter entwickeln. 

Zu wissen, ist ihr nicht genug. Sie will erleben und letztendlich in allem die Liebe erfahren und alles und sich selbst in Liebe blühen lassen. 

Ich schrieb Dir bereits, dass wir lediglich beeinflussen können, wie wir mit dem Gereichten umgehen, wie wir zu der Erfahrung stehen. Lehnen wir sie ab und sind enttäuscht, bestimmte Situationen überhaupt erfahren zu müssen, wenn es uns nicht passt oder sind wir über eine andere etwa überglücklich, so dass wir vielleicht noch eitel werden. 

Unsere Aufgabe als Mensch ist, jeder Erfahrung mit der größtmöglichen Liebe und Bewusstheit zu begegnen und sie mit Liebe zu durchdringen, indem wir unabhängig von dem, welche Situation oder Umstand es ist, die Liebe in uns nicht verlieren. 

Allem die größte Freude verleihen und in allem das Schöne entgegenbringen, das Beste von uns. 

Das wird uns nur gelingen und sicher nicht mal gleich, wenn wir unserem Herzen treu sind. Das ist das oberste Gebot. Dann können wir die Seele erleben, wie sie uns Flügel verleiht und uns im kleinsten Raum fliegen und tanzen lässt bis in die Unendlichkeit.

Dazu müssen wir auf uns aufpassen, um wach und präsent zu sein in jedem Moment. Es tut gut, auch hin und wieder auch einen Blick zurück zu werfen auf etwas, das wir getan haben oder auf etwas, das uns widerfahren ist. Wollten wir es nur schnell erledigen, um es hinter uns zu bringen? Sind wir dem lieber aus dem Weg gegangen, weil es sich unangenehm anfühlte? Wollten wir damit einfach Erfolg in der Gesellschaft haben? Wollten wir einfach uns oder jemand anderen etwas beweisen oder gefallen? Wollten wir uns einfach ein Gefühl von Sicherheit schenken? Wollten wir nur etwas anderem aus dem Wege gehen?

Wer seinem Herzen treu ist, muss niemanden mehr gefallen, denn er trägt in alles mit Hingabe die Liebe hinein, unabhängig von der Erscheinung. Selbst ein sich von etwas oder jemanden abwenden, ist dann von Liebe durchdrungen, weil es dann einfach den Seelenwünschen entspricht und deren Entwicklung. Es hat nichts mit Trennung zu tun, denn die gibt es dann nicht mehr. Alles ordnet sich, doch bleibt verbunden.

Wir bleiben im Zustand von Liebe und Mitgefühl, der unserem Wesen entspricht. So geschieht alles optimal, ohne, dass wir selbst unsere Handlungen einer Wertung unterziehen oder das was uns begegnet und was wir erfahren werten. In allem erkennen und erfahren wir die göttliche Präsenz, die Präsens von Liebe, wenn wir präsent sind.

Lieber Oskar, es geht also darum, was immer wir tun, dass wir dem den höchsten Ausdruck von Liebe schenken und Akzeptanz. Damit erweisen wir uns selbst und der gesamten Schöpfung den größten Dienst und Respekt.

Können wir das nicht, ist unser Tun im Grunde nutzlos für unsere Seele und das könnte sie unglücklich machen. Doch sie wird Dir nie Vorwürfe machen. Es dauert dann eben nur alles länger. Das Ziel ist klar und daran kommt niemand vorbei. Es ist Bewusstsein.

Ob Deine Seele glücklich oder unglücklich ist, spürst Du daran, ob Du den Seelenfrieden in Dir spürst. Du wirst ihn immer spüren, wenn Du das liebst, was Du tust und Dein Handeln nicht von einem egoistischen Getrieben sein herrührt und Du Dich selbst dabei zerstörst.

Wir gehen damit an unserer Aufgabe, an unseren Möglichkeiten, an unserer eigenen Kraft, an unseren Talenten, an unseren Fähigkeiten und unserer Liebe und Schönheit einfach ungesehen vorbei. 

So kommen wir weder der Liebe näher noch dem Gefühl von Ganzheit.

Das Wohl von einem selbst, sowohl das Wohl der Menschheit hängen davon ab, wieviel Deiner eigenen Liebespräsens in Dein Schaffen fließt. Nur so fließt die Seele mit ein.

Es mag vielleicht absurd klingen, doch was wir nicht in Liebe und mit Liebe machen, ist es besser sein zu lassen. Es nährt und unterstützt das Trennende und irgendwann werden wir genau das als Verlust erleben. Das, was wir nicht in Liebe und mit Hingabe tun, im Einklang mit unserem Herzen, versuchen wir festzuhalten, zu kontrollieren, zu lenken und bestimmen und das alles mit unserem Kopf. Wir wollen es an uns binden und möglichst Gewinn in irgendeiner Form daraus schlagen. Man will sich ja schließlich nicht umsonst abgemüht haben.

Also, wenn wir etwas, das wir geschaffen haben wieder verlieren und es gleichzeitig als Verlust empfinden, wir vielleicht noch Wut darüber empfinden und es anderen nicht gönnen, war das Motiv, mit dem wir es geschaffen haben nicht der reinen Liebe entsprungen. 

Manchmal hat dann einfach etwas den Zweck für unsere seelische Entwicklung erfüllt und es löst sich einfach von uns. 

Es kann auch sein, es bleibt uns, doch wir empfinden keine Erfüllung und wirkliche Freude des Herzens damit, wenn die Liebe darin fehlt. Es wird eher zum Ballast. Es macht uns schwerer und gebundener. Du fühlst Dich vom Kopf her damit vielleicht sicher und mächtig, aber das sich beseelt fühlen und tiefe innere Freude empfinden fehlt, wie auch die Herzensfreude. Vielleicht hast Du auch ständig Angst, es zu verlieren und beginnst über Deinen Besitz zu wachen. Doch finde Dich damit ab, dass das Einzigste, was Dir am Ende bleibt, ist der Reifegrad und Entwicklungsstand der Seele, den Du erreicht hast.

Vielleicht fragst, Du Dich jetzt, ob man nicht trotzdem Verlust empfindet, wenn man etwas verliert, was man doch geliebt hat und mit Liebe geschaffen hat? Lieber Oskar, durch die Liebe verlierst Du im Grunde nichts mehr, weil in der Liebe alles verbunden bleibt, Du Dich mit allem in Liebe verbunden fühlst. Es bleibt in Deinem Herzen erhalten. Selbst wenn Du einen Menschen verlierst, den Du sehr geliebt hast, wirst Du ihm durch die Liebe immer Nahe bleiben und sein, egal wo er ist. 

Ob die Seele glücklich ist, kann man an der Ausstrahlung eines Menschen erkennen. Dabei geht es nicht darum, dass so ein Mensch nicht mehr glühende Wut zeigen oder tiefe Trauer empfinden oder vor etwas Angst haben kann. Kleine Kinder lassen all die Gefühle noch wertfrei zu und aus ihnen schaut meist noch eine lebendige und glückliche Seele unabhängig davon, ob die Eltern nun arm oder reich sind oder welcher Religion die Eltern folgen und was sie über Glück und Unglück denken.

Ein körperlich behinderter Mensch kann durchaus von einer glücklichen und gesunden Seele erfüllt sein und ein reicher, körperlich gesunder und durchtrainierte Mensch, der einen guten Platz in der Gesellschaft einnimmt eine unglückliche. Alles ist möglich. 

Die Seele ist nur unglücklich, wenn der Verstand ihr ihre Daseinsberechtigung nimmt.

Messe das Glück der Seele nicht mit dem Verstand.

Die Seele kann traurig sein, wenn wir z. B. ständig ungeduldig sind oder sie von Erfahrungen abhalten wollen, weil es unserer Eitelkeit oder unserer Vorstellung von Glück und Erfolg einen Abbruch tut. Sie kann unglücklich sein, wenn wir das Gereichte nicht mit Hingabe annehmen und es nicht mit Liebe erfüllen, um so die Erfahrung zu machen, dass alles, was uns gereicht wird wertvoll für die Seele ist, damit alles immer stärker in Liebe erblühen kann und am Ende ein großer blühender Seelengarten entsteht ohne dunkle, vernachlässigte und ausgegrenzte Ecken und Winkel, wo Ausgegrenztes ein kümmerliches Dasein fristen muss. 

In diesem Garten sprüht alles vor Leben, denn es gibt keine Angst vor dem Tod. Der Mensch lebt in seiner Ganzheit als Körper – Geist – Seele – Einheit und damit verbunden in Bewusstheit seiner selbst.

 

Herzlichst Malina

 

 

 

 

 Geburt

 

Ergriffen vom Tod,

  Sterbe ich dahin.

 Er reißt mich

 Aus dem Körper

 In dem eigefleischt

 Ich bin.

 

 Schaue die Welten,

 In denen unendliche Seelen

  Hilflos irrend

 Schreien stumm,

 Die Toten erweckend,

 Die sie selber sind.

 Wie konnt nur geschehen,

 Dass erstarrt die Seelen,

 Lebend gefangen,

 Leiden dahin.

 

Sie flehen und flehen

 In den Raum hinein,

 Doch niemand ist da,

 Der sie hören kann.

 Nicht mal sie selbst

 Wissen von diesem Bann.

 

Ich bin noch da

 Und nehme wahr

 Das Geschehen

 Um mich herum,

 Auch wenn ich selbst

 Nicht mehr bin.

 

Der Schrei klingt aus.

 Stille der raumlose Raum.

 Die Wehen vorbei.

 Der Bann ist gelöst.

 Die Seelen fließen

 In mich hinein.

 

Spurlos erloschen

 In der Endlosigkeit

 Jegliches Selbst,

 Das vorgestellt.

 Geboren ist

 Ein Gesang,

 Der nie verhallt.

 

 

 

 

 

 

Hier geht es zum 3. Brief an Oskar: "Die Persönlichkeit" 

Hier geht es zum 5. Brief an Oskar: "Mehr als Du denkst

"Deine erste  Natur ist die bedingungslose Liebe. Deine zweite Natur ist die
ständige, bewusste Wahl,
wie du deiner wahren Natur Ausdruck verleihen willst."
S. 126

Neale Donald Walsch

"Gespräche mit Gott" Bd.1

Arkana Verlag 

"Durch die Liebe bekommst du zum ersten Mal eine Substanz. Durch die Liebe entsteht zum ersten Mal in Dir eine Seele. Das Ego löst sich auf und die Seele entsteht." S. 446

Osho 

"Das Buch vom Ego" 

"Ein Mensch, der nicht sensitiv geöffnet ist, 

geht an der Außenweit vorbei; 

sie kann seine Seele nicht berühren; er sieht nichts, hört nichts, liebt also nichts und bringt deshalb auch nichts Seelisches zum Ausdruck. Er redet vielleicht über »Sachliches«, aber
seine Seele bleibt dabei unbeteiligt."
S.57

Peter Lauster 

"Die sieben Irrtümer der Männer" 

 

"Es gibt im ganzen Weltall oder in der Natur nichts" Übernatürliches". Wohl aber gibt es in der Natur und in uns selbst sehr, sehr viel wovon wir gar nichts
wissen."
Pos. 15

Prentice Mulford

" Die Möglichkeit des Unmöglichen"

F. Schwabe Verlag 

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