Lieber Michael,
da bin ich ganz Deiner Meinung, dass ein Mensch bei schlechten Gefühlen krank werden kann. Doch insgesamt sind meine Sichtweise, meine Erfahrung und mein Empfinden darüber etwas anders. Klar ist, dass erst einmal schlechte Gefühle bewirken, dass man sich elend fühlt und etwas verändern möchte. Vielleicht möchte man dafür auch manchmal jemanden am liebsten eins drauf hauen, doch das wäre sicher nicht der ideale Weg, um sich wirklich zu entlasten und seine Gefühle und Umstände zu heilen. Denn der andere ist nur eine Hilfe, die Gott Dir schenkt, um Dich zu erkennen. Doch da solche Menschen bei negativen Einflüssen sofort mit ihrem Gefühl konfrontiert sind, haben sie auch die größere Chance, schnell wieder in Richtung Heilung zu kommen, indem sie sich damit auseinandersetzen und schauen, was die Ursache für diese Gefühle sind. Das müssen sie natürlich tun. Gehen sie in die Verdrängung, dann kann es dramatisch werden und größere Schäden an Körper, Geist und Seele die Folge sein. Derjenige, der anfängt mit Rauchen könnte nach der ersten Zigarette auch noch reagieren, denn fast allen wird nach den ersten Zügen beim Rauchen der ersten Zigarette in ihrem Leben schlecht. Doch wenn die Signale übergangen werden, nimmt der Weg in die Krankheit seinen Lauf. Genauso ist es auch mit den negativen Gefühlen, die sich in bestimmten Situationen bemerkbar machen. Auch sie sind Signale, dass einem etwas nicht bekommt und es gilt zu reagieren. Bei solch auftretenden Gefühlen können sie reagieren und durch Heilung ihr Potenzial erweitern uns auch insgesamt immer harmonischer werden. Doch was ist mit den Verstandesmenschen, die nur oder vorwiegend aus der Heiligkeit Ratio leben. Da kommt so schnell nix ran, denn der Mentalkörper blockt alles ab und Heilprozesse für die Seele kommen kaum zustande jedenfalls sehr zäh. Die Seele sitzt wie ein kleines verkümmertes verstecktes Kind hinter dicken Mauern. Die Betroffenen spüren schon in ihren zurückgezogenen und stillen Momenten, wie es da sitzt, doch denken, das muss beschützt werden und merken nicht, wie sie sie gefangen halten und wundern sich, das das Leben nicht glückseliger und einfacher wird, sondern immer schwerer. Diese Menschen funktionieren oft sehr perfekt, wie Maschinchen und ihr Gehirn ist ein Computer, der auch immer fleißig gefüttert wird. Doch sie bleiben unersättlich auf der Jagd nach Zufriedenheit und Glück. Sie haben Darstellungshunger. Sie brauchen Besitz über Besitz, denn sie finden einfach keine Ruhe und keine Sicherheit, egal wieviel sie haben. Sie müssen sich immer anstrengen,ein kluges Gesicht zu wahren undundund. Sie verhärten. Sie werden immer härter gegen sich und gehen auch so mit ihrer Umwelt und ihren Mitmenschen um. Selbst die Wohltätigkeit ist nicht unbedingt echt und von innen heraus. Auch diese ist sich zurechtgelegt von der Ratio. Die Ratio weiß einfach alles, was zu tun ist, um in der Gesellschaft perfekt zu funktionieren und so leben sie danach und oft strahlen sie wirklich etwas Perfektes aus. Gefühle machen Angst, wie alles, was ihnen die Kontrolle nehmen könnte. Alles, was in ihre Gefühlswelt plötzlich und unkontrolliert einbricht, irritiert sie. Als Folge müssen sie noch härter werden und brauchen noch mehr Kontrolle und Macht. Doch von innen bohrt gleichzeitig die Seele weiter. Vieles erleben sie in ihrem Leben als dramatische und plötzliche Einbrüche von außen und sehen nur schwer den Zusammenhang zu ihrem eigenen Inneren, zu ihrer eigenen verdrängten Gefühlswelt und verschließen sich als Folge immer mehr. Sie haben in der Gesellschaft oft hohe Ränge und wirken sehr gelassen, nicht weil sie sich über ihre Gefühle geheilt haben, sondern weil sie verpackt sind. Der Gefühlsmensch will solche Berufe in der heutigen Zeit gar nicht, weil er weiß, er muss der Ratio dort den Vorrang geben, weil er eine komplett andere Herangehensweise entwickeln würde, um Probleme zu lösen und Profit steht nicht im Vordergrund, sondern die Heilung und Harmonisierung des Menschen. Die Herzensintelligenz muss einfach in viele Bereiche der Gesellschaft Einzug halten können, wenn sie gesunden soll und Krankheiten und Kriege die Menschheit nicht ganz hinraffen soll. Doch bevor das möglich ist, brauchen wir Menschen, die heil sind, die aus einer Einheit von Körper, Geist und Seele leben, Menschen, die in jedem Augenblick aus ihrem Herzen leben und handeln. Übrigens gefällt mir das Wort Herzensintelligenz besser als "Emotionale Intelligenz". "Emotionale Intelligenz" finde ich nicht einmal richtig. Die Intelligenz entspringt dem Herzen und nicht den Emotionen.
Herzlichst Malina
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„In unserer Gesellschaft hält man ganz allgemein nicht viel von Gefühlen. Wenn auch zweifellos jedes kreative Denken – genau wie jede andere schöpferische Tätigkeit – untrennbar mit Emotionen verknüpft ist, so ist es doch zu einem Ideal geworden, emotionsfrei zu denken und zu leben. >Emotional< sein ist gleichbedeutend geworden mit unausgeglichen oder gar geistesgestört sein. Wer diesen Maßstab akzeptiert, wird hierdurch stark geschwächt; sein Denken verarmt und verflacht. Da aber andererseits die Gefühle nicht ganz auszurotten sind, müssen sie völlig getrennt von der intellektuellen Seite der Persönlichkeit existieren. Das Resultat ist jene billige und unaufrichtige Sentimentalität, womit Filme und Schlager Millionen abspeisen, die nach Gefühlen hungern.“ S.195
Erich Fromm aus"Die Furcht vor der Freiheit" „Der Akt des Ungehorsams als ein Akt der Freiheit ist der Anfang der Vernunft.“ S. 33
Erich Fromm aus"Die Furcht vor der Freiheit"
„Andererseits bringt man dem Kind schon früh durch Erziehung bei, Gefühle zu empfinden, die keineswegs „seine“ eigenen sind. Besonders lehrt man es, d e Leute zu lieben, kritiklos freundlich zu ihnen zu sein und sie anzulächeln. Was dabei die Erziehung vielleicht nicht ausrichtet, wird dann im späteren Leben durch gesellschaftlichen Druck nachgeholt. Wenn du nicht lächelst, bist du in den Augen der anderen kein >liebenswürdiger Mensch< - und du mußt ein liebenswürdiger Mensch sein, wenn du deine Dienstleistung als Kellnerin, als Handlungs- reisender oder Arzt verkaufen willst. Nur die an der unteren Basis der Gesellschaftspyramide, die nichts als ihre körperliche Arbeit zu verkaufen haben, und die ganz oben brauchen nicht besonders >liebenswürdig< zu sein. Freundlichkeit, Fröhlichkeit und alles, was ein Lächeln sonst noch auszudrücken vermag, wird zur automatischen Reaktion, die man an- und abdreht wie einen elektrischen Schalter.“ S.194
Erich Fromm aus"Die Furcht vor der Freiheit"
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