Und wie komme ich ins Herz? (dritter Brief an Marie) 

 

Liebe Marie,

 

oje, oje, doch ich musste lachen über Deine Äußerungen. Du schreibst mir, dass das ins Herz fühlen oder gehen für Dich so ist, wie wenn einer sagt, fühle in die Bodentreppe oder in den Staubsauger.
Du, ich kann Dir sagen, dass das bestimmt den gleichen Effekt hat, wenn Du dabei das Wesentliche verwirklichst – die Stille in Dir. Wir lenken doch praktisch unsere Aufmerksamkeit auf etwas, das in unserer Vorstellung die höchste Schwingung hat, ob wir uns dessen nun bewusst sind oder nicht. Gleichzeitig gehen wir dabei raus aus Begriffen und Vorstellungen und Formen. 

Es geht darum, dass Du ins Zentrum gelangst, fern jeglicher Dualität, in Verbindung mit der kosmischen Intelligenz kommst,  mit der Existenz als Ganzes. Diese Intelligenz hat nichts zu tun mit der Intelligenz des Verstandes, der ein Speicher von Wissen ist und es natürlich auch geschickt anzuwenden weiß, je nach dem wie weit er entwickelt ist. Es geht darum, dass Du Dich Ganz erfährst und nicht gespalten und getrennt von irgendetwas oder irgendwen. 

Wir brauchen Begriffe, Worte, um uns zu verständigen und etwas mitzuteilen. Das macht es nicht ganz einfach. Die Worte sind gar nicht das Entscheidende, sondern das, was geschieht. Das Wesentliche ist immer zwischen den Worten, fern von Begrifflichkeiten zu finden. Herzen kommunizieren immer miteinander und parallel dazu meist das Ego, der Verstand unsere Muster. Leider wird dadurch das Wesentliche meist nicht gehört, ni ht bewusst wahrgenommen  denn das ist nur im Zustand von innerer Stille, im Zustand von Meditation wahrnehmbar. 

Ja, es geht darum, dass wir in dem Zustand des Seins sind, im Zustand der inneren Stille, dass wir aus dem, was über unseren Verstand, unseren Gedanken, unserer Begrenzung, unseren Blockaden hinaus geht, wahrnehmen.

Wir fallen dann praktisch nicht mehr vom "Haken"  der uns hält und fühlen uns dadurch nicht abgenabelt von Gott bzw. der Existenz als Ganzes. Du bleibst dann bei allem in Deinem Wesen verhaftet, Du bleibst bewusst. Du behältst die Position des Beobachters bei.

Weißt Du  liebe Marie,  es gibt so viele Wege in diesen Zustand zu kommen und im gar nichts tun, bist Du am schnellsten da. Dann, wenn alle inneren Aktivitäten aufhören, die von unserem Verstand ausgelöst werden, bist Du da. 

Vielleicht erzähle ich Dir hier etwas, wie ich das erste Mal so richtig zu meiner inneren Stimme, meine inneren bewusst erlebten Wahrnehmung gekommen bin durch die mein Hohes Selbst oder auch mein Herz oder die Existenz oder Gott oder nenne es das, was Du wirklich bist, hörte bzw.  Ich wusste, dass es DAS ist und kein Geplapper aus dem Verstand. Es hatte also auch nichts mit spontaner Intuition zu tun oder Bauchgefühl. Nein, es war ein ganz bewusster Akt.
Es hatte  mich damals so erschüttert, dass mir vor Ergriffenheit nur noch die Tränen vor Berührung liefen  
Es liegt über 20 Jahre zurück und vielleicht habe ich es auch schon in einen meiner Briefe erzählt. Doch 99 Briefe dafür zu durchstöbern, wäre schon aufwendig. Außerdem – ja, außerdem fällt mir gerade ein Satz aus dem Film „Nirgendwo in Afrika“ ein, wie die kleine Regina zu ihrer Mutter sagt: „Das Gute kann man nicht oft genug wiederholen. Das Gute kann man nicht oft genug wiederholen.“
An einem wohlig warmen Nachmittag vor über 20 Jahren gingen ein Bekannter und ich durch den Wald spazieren. Das Wetter an diesem Tag kann ich nicht mehr wirklich beschreiben, aber es war alles von einer wundervollen Flut von Licht und Stille durchdrungen. Wir unterhielten uns, ohne, dass die Stille dabei verflog. 

Er sagte, er benutze immer ein Pendel, wenn er was aus dem höheren Geist erfragen will. Natürlich ist so eine Antwort ja immer sehr begrenzt, weil die Antworten entweder Ja oder nein sind. Es war sein Hilfsmittel, wie er mir sagte, da er nichts fühlen würde und auch nichts aus sich hören könnte und überhaupt keinen Kontakt zu seinem Herzen oder Höheren Selbst fühlen würde. Er sieht auch nichts und hört nichts aus der feinstofflichen Welt, aber mit dem Pendel, das würde sehr gut funktionieren. Er war an Spiritualität insgesamt sehr interessiert und dafür auch in Gruppen und Veranstaltungen gerne unterwegs.
Ich wurde neugierig, denn ich hatte bis dahin noch nichts von dieser Art Pendelei gehört. Ich bat ihm, mir das mit dem Pendel zu zeigen, wollte wissen, wie es geht. Ich wollte auch Kontakt zum Höheren haben, wie war mir egal. Doch er sagte sofort, dass er das nicht tut, dass ich das nicht brauchen würde, weil ich alles fühlen und spüren  könnte.
War schon erstaunlich!  Was für eine Aussage von jemandem, der angeblich nicht fühlen und wahrnehmen kann.
Wir waren inzwischen bei ihm zu Hause und an einer Tür hing eine Art Plakat mit vier Sätzen. Durch die Anwendung dieser vier Sätze meinte er, käme ich in meine Ich Bin Gegenwart, also in Kontakt mit meinem Höheren Selbst. Ich brauchte das nur machen und dann eine Frage stellen und die Antwort käme.
Ich wollte  es dort vor ihm nicht probieren, doch probierte es zu Hause aus.
Ich schreibe das jetzt nochmal auf, denn vielleicht ist es ja auch ein Weg, ein Anfang für Dich. Ich finde immer, es macht Spaß, einfach vieles auszuprobieren. Es gibt viele Wege und Arten,  in Kontakt mit Deinem Höhen Selbst zu kommen  doch eins haben alle gleich. Du brauchst dazu einen entspannten Zustand, einen Zustand, wo es still in Dir ist, um mit dem Herzen wahrnehmen zu können, um die Stimme des Herzens hören zu können.
Das Wichtigste ist also, sich in die Stille zu begeben, innerlich still zu werden. Du setzt Dich vielleicht auf einen Stuhl oder eine Wiese und nimmst eine aufrechte Haltung ein.
So ruhst Du einige Minuten ohne etwas zu tun. Dann stellt Du die
1. Frage mit der Du Dich dem Hören widmest: „Was höre ich?“
Mit geschlossenen Augen sitzt Du da und nimmst aufmerksam ohne Anstrengung jedes Geräusch war, das um Dich ist. Das können Regentropfen sein, die an die Fensterscheibe schlagen oder die Blätter an Bäumen zum Rascheln bringen. Es kann das Geräusch eines vorbeifahrenden Autos sein, eines fliegenden Flugzeuges über dem Haus, das Spielen einer Violine des Nachbars, das Schnurren einer Katze, die Fußtritte auf der Treppe von jemandem, das Brummen des Kühlschranks von nebenan  oder das Zwitschern eines Vogels auf der Fensterbank. Es können auch Geräusche sein, die in Dein innerer Körper verursacht.
Wenn Du Dich in Frieden und Einklang mit all diesen Geräuschen fühlst, nichts davon mehr störend auf Dich wirkt, kannst Du die
2. Frage stellen: „Was denke ich?“
Jetzt beobachtest Du einfach all Deinen Gedanken, die kommen und gehen. Beobachte Sie nur! Versuche nicht, sie abzustellen, denn damit erzeugst Du weitere Gedanken, die versuchen, Dich zu jagen. Nimm sie nur wahr. Nimm jeden Gedanken an und beobachte nur. Schenke keinem anzügliche Aufmerksamkeit, gehe in kein Zwiegespräch,  denn damit verlierst Du den Kontakt, den Du gerade dabei bist aufzubauen. Wenn es doch passiert, ist es auch ok. Wenn Du es bemerkst, lass ihn wieder fallen wie einen Stein aus Deiner Hand oder davon fliegen wie einen grünen Luftballon oder davon schwimmen wie einen bunten Fisch  und sooft er versucht anzudocken, lass ihn immer wieder los ohne ihn von Dir zu stoßen. Fürchte nicht, sie sind nicht stärker als du, sondern haben immer nur die Kraft und Intensität, die Du ihnen gibst. Sie brauchen Dich, um zu existieren. Deiner Wachheit und Präsens können sie nicht standhalten. Lass sie machen, was sie wollen ohne Dich zu involvieren. Denke daran, wenn Du im Theater bist und siehst auf der Bühne Dir ein Stück an, versuchst Du auch nicht einzugreifen, egal wie es Dich berührt. In den Fernseher kannst Du auch nicht springen und etwas verändern. Verändere also nichts und verlasse nicht Deinen Platz in Dir.  Bleibe verwurzelt bei Dir und schau und erlebe, doch identifiziere Dich nicht damit.
Wenn die Gedanken sich so verflüchtigt haben und Du Dich frei von Belästigungen und Ablenkungen fühlst, sie einfach in dem großen Meer Kosmos harmonisch baden können, ohne, dass Du Dich eingenommen fühlst, kannst Du zur
3.Frage kommen bzw. Du widmet Dich ganz bewusst Deinem Gefühlskörper zu: „Was fühle ich?“
Du brauchst nichts weiter tun, als diese Frage zu stellen und alles weitere passiert. Bleib einfach in Dir ruhend und still. Beobachte wieder, was sich in Dir gefühlsmäßig tut. Ist da noch Unruhe? Kommt aus irgendeiner Ecke in Dir ein Anflug von dubioser Angst? Fühlst Du Dich von Liebe und Wärme durchströmt? Fühlst Du an irgendeiner Stelle im Körper Enge? Fühlst Du Dich leicht, erleichtert? Oder ist da einfach das Gefühl von gar nichts, außer Frieden an den Du nicht einmal mehr denkst oder direkt wahrnimmst, weil Du schon im Zustand von Sein bist, von Eins sein?
Dann gibt es nicht eine
4. Frage, die Du stellen kannst, was mehr einer Aufforderung gleich kommt. Du sagst einfach: „Ich spüre meinen Ätherkörper.“
Dieser Körper entspricht dem feinstofflichen Körper, den nichtsichtbaren Körper im Gegensatz zu unserem physischen Körper. Wir brauchen hier nichts weiter tun, als eine Weile uns der Feinstofflichkeit nochmal bewusst zu werden.

Nun bist Du in einen vollkommenen egolosem Zustand gelangt, befreit von jeglicher Dualität und nun kannst Du Deine Frage stellen, wenn Du noch eine hast, die auch nicht mehr vom ständig plappernden Gedankenströmen beantwortet wird, sondern Du spürst die Antwort praktisch aus dem Jenseits  in Dir aufsteigen, aus der immer frisch und lebendig sprudelnden Quelle von Weisheit und Liebe.
Dazu muss ich sagen, dass die Antwort dann plötzlich schon da ist, bevor Du die Frage gestellt hast.
Es ist eben auch gleichzeitig ein zeitloser Zustand.

Später wirst Du Dir diese Fragen  als Hilfsmittel nicht mehr zu stellen brauchen. Du kommst immer schneller und direkter in einen meditativen Zustand, denn das ist das Entscheidende.
Meditation, den Zustand von Meditation erreichen, darum geht es. Ob Du in der U Bahn sitzt auf dem Weg zur Arbeit, das Geschirr spülst, Tennis spielst, Dich mit Deinem Nachbarn unterhältst, Du einen Brief beantwortest, beim Zahnarzt auf dem Stuhl sitzt, durch den Wald streifst oder Deiner Freundin erzählst, was für tolle Schuhe Du Dir gestern gekauft hast, bei allem ist es möglich, im diesem Zustand zu sein. Dann kannst Du auch an allem tiefen Sinn erleben, ohne dass das Erlebte aus dem Gefühl innerer Gespaltenheit entstanden ist oder es diese fördert. Du bist nicht mehr getrennt vom Fluss. Du bist der fließende Fluss und nicht der Karpfen neben anderen Karpfen darin. Der Karpfen ist eine Form der Ausdrucksmöglichkeit von Gott. 
Selbst, wenn Du auf diesem Weg noch viele Tiefen erleben wirst und auch Schmerz spüren, weil es ein Heilweg ist, der Dich von alten Gedankenmustern und Prägungen befreit, Dich aus dem Massenbewusstsein erhebt, wirst Du aus jeder Tiefe heraus das Licht erblicken und Dich freier fühlen. Jedes Mal, wenn in Dir etwas befreit und erlöst wird, fühlst Du Dich erlöster, freier und weiter und bist bewusster. 
Ja, liebe Marie,  solange es noch auftritt, dass Du auf dem Weg, wenn Du in die Stille  gehst, etwas in Dir aufsteigt, das Dir Schmerz verursacht, dann ist es etwas, dass in dem Augenblick erlöst wird. Der Schmerz ist ein Aufflackern des alten ursächlichen Schmerzes, der verdrängt war. Es hört auch nicht so schnell auf. Ich denke inzwischen, dass es nie aufhört, dass es immer weiter geht, immer tiefer, immer höher. 

Es ist ein Weg, bei dem Du in allem, was Dir wiederfährt, die Weisheit des Herzen darin erkennen wirst, dass alles Deiner Entwicklung und Reifung dient zu einem Menschen, der sich seiner bewusst ist.
Die Meister unterscheiden sich von Nichtmeistern  darin, dass sie diesen meditativen bewussten Zustand, diesen Zustand von Liebe und Eins sein nicht mehr verlieren und immer aus dieser kosmischen Existenz heraus bewusst agieren. Sie sind Werkzeuge und Diener der kosmischen Intelligenz, die zum Wohle des Ganzen wirken.

Im Übrigen, der Bekannte, der mir sagte, dass ich kein Pendel brauchte, hat kein Pendel gebraucht, um mir das zu sagen, was er über mich fühlte, obwohl es unsere vielleicht dritte Begegnung damals war.  Ich habe oft über ihn geschmunzelt. Inzwischen hat er die Erde verlassen, doch Spuren von ihm sind geblieben.

 

 

In diesem Sinne
Herzliche Grüße an Dich
Malina

 

 

 

 

 

 

„Meditation heißt, sich jeden Inhalts entleeren. Wenn sich innen kein Gedanke mehr regt, ist alles still, und diese Stille ist Meditation. Keine einzige Welle im See deiner Bewusstheit, dieser Stille See, vollkommen still, das ist Meditation. Und in dieser Stille weißt du, was Liebe ist, weißt du, was das Göttliche ist. “ S.28

 

Osho




 

 

 

Hier zum 2.Brief an Marie: "Das auch noch" 

Hier geht es zum 4. Brief an Marie: "Vertrauen und Freiheit" 

„Wer den Weg des Herzens nicht geht, wandelt auf der Straße des Todes.“ S.64

Safi Nidiaye
„Die Stimme des Herzens“
Bastei Lübbe Verlag

„Ich finde, wenn wir uns genauso lieben,

akzeptieren und anerkennen, wie wir sind, funktioniert einfach alles im Leben.“ S.27

Louise L. Hay

„Gesundheit für Körper und Seele“
Ullstein Verlag

„Liebe also – und liebe immer tiefer! Leide – und leide immer tiefer! Liebe rückhaltlos, denn nur durch dieses Feuer wird unreines Gold zu reinem Gold geläutert.“ S.73

Osho
aus „AUTHENTISCH SEIN“

Innenwelt verlag

„Dein Leben ohne Erwartung zu leben – ohne Bedürfnis nach bestimmten Resultaten-, das ist Freiheit. Das ist Göttlichkeit. Das ist, wie ich lebe.“ S.159

Neale Donald Walsch
„Gespräche mit Gott“
Band 1

Goldmann/arkana Verlag 

„Was für dein Ego reizvoll ist, kann deinem spirituellen Wachstum nicht nutzen. Nur das, was für dein Ego keinen Reiz hat, kann dir zur Transformation verhelfen.“ S.54

Osho
„Das Blaue Meditationsbuch“
Goldmann Verlag

„Emotion ist Energie in Bewegung. Wenn ihr Energie in Bewegung setzt, schafft ihr eine Auswirkung. Wenn ihr genügend Energie in Bewegung setzt, schafft ihr Materie. Materie ist zusammengeballte Energie….“ S.93

Safi Nidiaye
„Die Stimme des Herzens“
Bastei Lübbe Verlag

"Es gibt nichts in eurer Realität, an dem festzuhalten sich lohnt.“ S.162

Neale Donald Walsch
„Gespräche mit Gott“Band 1

Goldmann/arkana Verlag

„Tief im Innern herrscht der Krieg, der die Kriege im Äußeren verursacht. Führen Gut und Böse in dir nicht mehr Krieg, wird auch in deiner Welt kein Krieg mehr sein.“ S.44

Safi Nidiaye
„Die Stimme des Herzens“
Bastei Lübbe Verlag

„Unser Höheres Selbst kennt unsere Bestimmung in diesem Leben und weiß, was wir lernen müssen, damit wir auf unserem evolutionären Weg voranschreiten. Es gibt keine falschen Wege – es gibt nur ein gemeinsames Sein.“ S.87

Louise L. Hay
„Wahre Kraft kommt von innen“
Allegria Verlag