Vertrauen und Freiheit (vierter Brief an Marie)
Liebe Marie,
Vertrauen und Freiheit gehören zusammen. Je größer das Vertrauen, desto größer die Freiheit. Beides wird in Dir wachsen, wenn Du den Weg nach innen gehst. Du beginnst zu schauen, zu beobachten und geschehen zu lassen. Stürmische Wellen, die Dir dabei um die Ohren zu schlagen scheinen, wirst Du erkennen als das was sie sind – Gedankenkonstrukte, Gedankenbruchstücke, Gedankensplitter, Aufgesetztes, Bilder. Du wirst immer weniger in die Identifikation mit diesen kommen, auch wenn Du sie in Dir spürst, wahrnimmst und gefühlsmäßig davon noch beeinflusst wirst. Sie können sogar drohen, Dich zu vernichten. Doch sie können nur drohen, doch nicht wirklich was tun ohne Dein Tun. Du wirst erkennen, dass diese nicht mächtiger sind als das, was Du wirklich bist und damit verliert sich nach und nach die Bedeutung bzw. die Rolle von allem Geschaffenem, was immer es ist. Du lässt den Prozess des sich stetig Veränderndem einfach geschehen in die tiefen Wissen und Vertrauen, dass alles zu Deinem Besten geschieht, weil das, was das Höchste ist auch das Höchste und Vollkommenste immer anstrebt und nichts zerstören will, was der Vervollkommnung und dem Wachstum dient. Schau die Erbsen, die kleinen wundersamen Kullern aneinandergereiht in der Schale. Welch ein Wunder die Natur vollbringt, einfach so. Es erscheint so einfach und zwanglos zu geschehen. Der Same aus dem sich ein Wunderwerk gestaltet, ob es nun eine Erbse, eine Bohne, ein Maiglöckchen oder eine Pappel ist, geschieht einfach, wenn die äußeren Bedingungen dafür gegeben sind. Der eine Same braucht vielleicht einen sandigen Boden und der andere einen sehr humusreichen oder einen lehmigen, um seine Vollkommenheit zum Ausdruck bringen zu können, um sich zu vollenden. Der eine Same braucht vielleicht mehr Sonne und der andere mehr Schatten, sobald daraus ein kleines Pflänzchen geworden ist. Das eine Pflänzchen braucht mehr Wasser als ein anderes. Jeder braucht optimale Bedingungen, damit das Wesen, die Form annehmen kann, die seinem Wesen, also dem Samen mit seinen Anlagen entsprechen. Der Same, der in die Erde fällt kennt kein Misstrauen, weil er nicht diesen ausgebildeten Verstand hat, wie der Mensch. Für das Tier ist auch alles soweit klar, denn es wird genau das gleiche Leben führen wie seine Art. Es zweifelt auch nicht und wird auch nicht von Misstrauen verfolgt, von keinem Verstand, von keinem Denken. Der Verstand ist jedoch nicht das eigentliche Problem dabei. Im Gegenteil, es ist ein Wunder, dass wir dieses Werkzeug haben und dadurch die bewusst kreativsten Wesen sein können, die das Universum hervorgebracht hat. Das Problem liegt eher im verfolgt sein vom Denken und in der Identifikation mit dem Denken, in der Identifikation mit dem, zu dem wir von außen geformt wurden durch Erziehung und Prägung und Erfahrung. Wir haben uns von dem getrennt, die Wahrnehmung dessen verloren, was wir eigentlich sind, Wesen, die nicht das Hervorgebrachte sind, sondern das, was etwas hervorbringt. Damit haben wir auch die Verantwortung abgegeben für das, was wir erleben, für das, was uns wiederfährt. Wir haben dadurch gelernt, die Welt in gut und böse zu teilen, in ich und du. Wir haben die Dualität in der wir leben zu etwas gemacht, das wir sind. Doch wir sind es nicht. Wir sind nicht das, was wir erleben, solange wir Trennung erleben. Misstrauen entspricht dem Erleben von Trennung, Vertrauen entspricht dem Erleben von Einheit. Misstrauen entspricht Unbewusstheit. Vertrauen entspricht Bewusstheit. Es ist eine Qualität, die sich immer stärker in dir entwickelt, je klarer und bewusster Du Deiner selbst wirst, je stärker in Dir das Empfinden von Einheit und Beweglichkeit, von Formlosigkeit und des Losgelöstseins von einem Ich. Du lässt das Sterben zu und erfährst das Leben. Du bist dann nicht abhängig von der Vertrauenswürdigkeit anderer, um Vertrauen zu haben. Es würde Dir auch nichts nutzen. Da hast Du vielleicht in einem Moment das Gefühl, Du kannst jemanden, wie z.B. Deinem Partner vertrauen und im nächsten Moment entpuppt er sich als von Dir empfundenen Verräter. Du bist enttäuscht und Dein Vertrauen entpuppt sich als einer Suche nach Vertrauen, doch keinem eigenen Vertrauen. Mit dem Vertrauen ist es wie mit der Liebe. Du bist die Quelle, der das entspringt, was Dich nährt und Dich gedeihen lässt. Vertrauen ist die aufgegangene Blüte, die sich mit ihrem Duft verströmt und von Misstrauen erlöst ist. Du genießt dann einfach, dass Du vertrauen kannst, unabhängig von dem Verhalten anderer. Es ist ein Zeichen von erlöst sein von dubioser Angst. Freiheit und Vertrauen gehören zusammen. Sie bilden eine Einheit.
In diesem Sinne
"Vertrauen ist der Duft eines eines stillen, friedvollen Seins."
OSHO
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"Unglücklich ist der Mensch, vertraut er dieser Welt." Pierre Rosard (Franz. Lyriker)
"Wo Zwiespalt herrscht, herrscht nicht das Herz." SafiNidiaye " Die Stimme des Herzens" Bastei-Lübben Verlag
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