Wann habe ich endlich Frieden (16.Brief an Marie) 

 

 

Liebe Marie, 

 

Du fragst ob es denn möglich ist, dass man dann irgendwann sagen kann, „jetzt bin ich angekommen. Jetzt kann mir nichts mehr passieren. Ich fühle mich wohl. Ich bin zu Hause und dieses kann mir nie und nimmer verloren gehen. Ich brauche keine Angst mehr zu haben. Um nichts muss ich mehr ringen und kämpfen und mich streiten. Endlich habe ich es geschafft. Alles in meinem Leben läuft richtig und ist am richtigen Platz und verhält sich richtig. Der Stress ist vorbei. Dieses sich zerrissen fühlen von dem, was man selber will, was andere von einem wollen und dem was man kann und was man hat, ist vorbei. Etwas immer wieder in Frage stellen und in Zweifel ziehen ist vorbei. Endlich geht es mir nur noch gut.“

Liebe Marie, oh das ist schon möglich und zwar jetzt, sogar in diesem Augenblick. Das zu erreichen ist nämlich keine Frage der Zeit und der Taten. Das was Du beschreibst, hängt nicht an viel tun müssen, nicht an viel wissen müssen, nicht an vieles erledigt oder bereinigt haben.

Schau die Blüte am Kirschbaum ist sie unvollkommen, weil sie noch keine Kirsche ist. 

Schau, wie schön sie ist und welchen Duft sie verströmt. Nimm es auf, denn morgen ist sie schon nicht mehr die, die sie heute ist. Sollte sie unvollkommener sein als die Kirsche, nur weil es ihre Bestimmung ist, eine Kirsche zu werden und sie das heute noch nicht ist? Sollte sie deshalb leiden, sich schlecht, unvollkommen und als Versagerin fühlen? Die Kirsche, die wir irgendwann dann mit Freuden essen, sollte sie die Vollkommenheit erreicht haben, wenn sie in voller Pracht am Baum hängt oder sich ihre Bestimmung für uns vollendet hat, indem wir sie essen und sie von unserem Organismus verarbeitet wird, uns nährt und unseren Körper mit aufbaut ? Sollte sie leiden, weil ihr Weg in der Form als Kirsche zu Ende ist und sozusagen stirbt als solche. Stirbt die  Knospe nicht genauso wie die Kirsche. Ist dann der Baum unvollkommener als seine Frucht? Er lebt länger und ist nicht den Gefahren ausgesetzt wie seine Früchte und Blätter. Ist er unvollkommener als die Erde, in die er seine Wurzeln ragt und ausbreitet. Immerhin ist sie in der Lage viele Bäume zu tragen und sie erträgt sogar uns Menschen.  

Liebe Marie, es gibt nichts Fertiges nie und nimmer und auch kein Ende in Sicht vor irgendwas. Alles geht und auch wir von einem Zustand in den nächsten über. Alles ist immer in ständiger Bewegung und unterliegt der Veränderung. Das ist das Leben. Alles geschieht aus einem großen Zusammenhang heraus. Nichts ist getrennt von irgendetwas anderem. Alles ist miteinander verbunden und hängt zusammen und hängt voneinander ab. Das kleinste Geschehen in diesem Universum und das kleinste Ding sind genauso bedeutend wie das Größte. Es ist nur unser Verstand, der diese Unterscheidungen schafft. Und vor allen Dingen, was er schafft sind Wertungen und Urteile. Das ist im Grunde genommen das Verhängnis, der Grund für empfundene Disharmonie und des Gefühl, isoliert und getrennt zu sein und damit ist dann natürlich auch das Gefühl verbunden, eine zu große Last tragen zu müssen. Es ist das Verhängnis der Menschen, sich unvollkommen, minderwertig, geplagt, gestresst und unbedeutend zu fühlen. Der Segen, den es hat, dass wir diesen Verstand haben, wird erst vollumfänglich erkannt, wenn wir ihm die Macht entzogen haben.

Da gibt es natürlich auch wieder große Unterscheidungen zwischen den Menschen, wie sie was empfinden und werten. Es hängt viel mit den eingepflanzten Prägungen zusammen, wie auch mit den aufgesetzten Stempeln, die schon im frühen Kindesalter im Laufe der Entwicklung einem drauf gesetzt werden. Wir lernen beizeiten, uns mit dem zu identifizieren, was andere über uns sagen.

Die Festplatte, der Verstand ist beschrieben mit Software und mit dieser leben und agieren wir in Identifikation. So fühlen wir uns natürlich getrennt vom Ganzen und nicht mehr eingebettet in das Ganze, dem alles entspringt und das uns auch trägt.

Gleichzeitig denke ich, dass wir diesen sich eingebettet fühlen Zustand einfach verlieren mussten, um uns von unbewussten Wesen zu bewussten Wesen entwickeln zu können. Ich habe das schon mal an anderer Stelle geschrieben. Naja macht nichts. Es gibt Dinge, die kann man ruhig ab und zu wiederholen. Übrigens kennst Du das vielleicht auch, dass wenn Du z.B. ein Buch mehrmals liest, weil es so toll für Dich ist, dass Du immer mehr daraus liest. Je tiefer Du eintauchen kann, desto mehr offenbart sich Dir. Nun, wir Menschen sind tief in die Materie abgesunken und haben gelernt, uns mit ihr, mit dem Erleben und Geschehen zu identifizieren. Wir identifizieren uns mit dem, was wir sehen, was wir anfassen können und was wir denken und fühlen. Dabei entsteht in jedem Augenblick noch ein ja oder nein zu etwas. Gefällt mir oder gefällt mir nicht. Riecht gut oder schlecht. Möchte ich haben oder nicht. Was der sagt, stimmt oder es stimmt nicht. Der Mensch geht im Laufe seiner Entwicklung durch die Mühle von Urteilen, die er austeilt und die ihn treffen. Alles, wir zu etwas Festem gemacht und er macht sich damit immer fester. Wir materialisieren praktisch selbst alles, lassen es nicht fließen und dann fliegen uns unsere Kreationen irgendwann vor den Kopf und schaffen uns Probleme. Statt mehr mit dem Herzen aufzunehmen, wird vom Verstand alles abgefangen und seiner Bewertung unterzogen. So fühlen wir uns dann auch immer dinglicher und wollen einem bestimmten Bild von uns gerecht werden. Für das Bild wird dann gearbeitet und das ist natürlich anstrengend und wird nie zur Erfüllung führen. 

Gleichzeitig spüren wir natürlich auch in uns, dass da mehr ist, dass wir mehr sind, dass wie viel weiter sind, viel unendlicher, viel vielschichtiger, dass wir nicht mit dem Verstand zu ermessen sind. Nur wir haben das Gefühl, dass scheint in dieser materialistischen, von Haben und Leistung bestimmten Welt nicht zu zählen, in der es nur um Dinge geht. Wir fühlen uns in einer Welt gefangen, wo der Mensch gemessen wird an dem gerecht werden des gesellschaftlich momentan vorherrschenden Bildes von Wert und Würde. Dazu zählen die momentanen sichtbaren Leistungen, die natürlich von Menschen vorgegeben sind. Diese Leistungs- und Verhaltensmerkmale wurden erst gesetzt. Sie werden auch immer wieder neu gesetzt, je nach Reifegrad einer Gesellschaft und auch viele andere Faktoren spielen dort mit hinein z.B. Religion.  

Solange Du äußeren Maßstäben versuchst, gerecht zu werden oder versuchst, Deinen Gedanken gerecht zu werden, Deinen Wünschen, Deinen Hoffnungen, Deinen Erwartungen gerecht zu werden, dann wirst Du wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit oder zumindest erstmal bis Dich die Todesstunde ereilt in einem Zustand bleiben, der Dir nicht das Gefühl vermittelt, von dem was ich anfangs geschrieben habe, was du gerne hättest. Doch keine Angst, die Evolution geht weiter und Du bist nicht isoliert und deshalb bleibst Du nicht zurück. Manches ist eben hartnäckiger und manches weicher. 

Gleichzeitig ist es jetzt in diesem Moment möglich und ich denke, jeder hat eine Ahnung davon, wie sich das anfühlt, wie sich ein absolut befreiter und erfüllter Zustand anfühlt. Die Seele erinnert uns immer wieder daran, was möglich ist. 

 Nur, es ist so, dass es für manche nur Momente sind, die ewig auf der Jagd sind und andere haben diese Momente öfter und es ist eben möglich in diesem Zustand zu leben. Das ist dann erreicht, wenn die Identifikation mit irgendetwas von Geschehnissen und Dingen von Dir abgefallen ist. Das Geschehen geht weiter mitsamt der Welt. Du lebst dann deshalb nicht wie unter einem großen Schirm, wo Du nichts mehr mitbekommst, was in der Welt los ist. Du schützt Dich nicht vor der Welt und vegitierst mit verschlossenen Augen dahin wie in einem Gefängnis. Nein, es ist eher ein Zustand, indem Du alle Hüllen, alle Schirme abgeworfen hast und wenn Du diese abgeworfen hast, erlebst Du die Welt einfach neu. Du siehst sie nicht mehr nur durch die Brille deines Verstandes, Deiner Gefühle , Gedanken, Prägungen und Vorhänge, die Dir den Blick verschleiern. Urteile fallen von Dir ab, denn alles wird als Dir zugehörig erlebt. 

Mir kommt gerade ein Erlebnis in den Sinn, das sehr lange zurückliegt. Es war um die Weihnachtszeit und die Kollegen versammelten sich irgendwie alle am Tannenbaum für ein Foto. Während wir da standen, verschwand ich praktisch wiedermal aus dieser Welt und erlebte uns alle als einen Organismus. Das war so beglückend und tiefgreifend. Ich habe in dem Moment alle geliebt ohne Unterscheidung. Wir waren ein Körper, ein himmlischer Körper. 

Solche Erlebnisse empfand ich immer als Geschenk und sie vermittelten natürlich gleichzeitig tiefe Einsichten in uns. 

In dem Moment, wenn Du Dich neu erlebst, erlebst Du auch Deine Umwelt neu. Die Welt ist praktisch aus den Fugen geraten. Die Grenzen  erweisen sich als nicht existent. In dem Moment, wenn Du Dich von Frieden und Zufriedenheit von Mitgefühl und Liebe durchdrungen fühlst und darin aufgelöst, empfindest Du auch Deine Umwelt so, Deine Mitmenschen. Du bist von Mitgefühl überschwemmt, weil Du erlebst, dass es keine Schuld gibt. 

Und glaube mir, solange Du noch bei irgendjemanden den Splitter im Auge siehst, hast Du noch einen Balken in den Deinen. Das heißt nicht, dass man die Taten alle gut heißt und alles über einen Kamm schert, nein ganz und gar nicht. Es bedeutet nur, dass Du erkennst, dass alles in einem großen Zusammenhang miteinander steht und das Ganze über das Verhalten des Kleinsten und das Kleinste über das Verhalten des Ganzen in jedem Augenblick entscheidet und Bewegungen und Reaktionen ausgelöst werden und wenn es eine Verantwortung gibt, dann trägt sie der Einzelne wie das Ganze gleichermaßen. Wir sind geschöpfte Geschöpfe, die in der Lage sind, selbst zu schöpfen. Nur ein Geschöpf kann nie die Verantwortung von einem Geschehen alleine tragen. 

Was unterscheidet uns Menschen von dem Geschehen in der Natur. Es gibt dort keine Schuldzuweisungen. Es gibt keine Vergebung. Es gibt keine Urteile. Es geschieht einfach alles im Wechsel der Jahreszeiten. Es geschieht ein Kommen und Gehen, ein Sterben und ein Erwachen. Es gibt keinen Vergleich und kein Sehnen. Es gibt kein individuelles Bewusstsein, wobei es natürlich nur ein Bewusstsein gibt. Es gibt keine individuelle Wahrnehmung. 

Wir fühlen uns wohl in der Natur, weil alles friedlich ist. Die Vögel zwitschern munter ohne auf ein Notenblatt zu schauen und wir empfinden die Harmonie darin. Das Grün sprießt frisch aus dem Ästen und selbst, wenn die Blätter welk von den Bäumen fallen und zum Boden sinken, fühlen wir uns wohl. Wir können tief atmen und wir dehnen uns aus. Gedanken werden weniger und der Verstand kommt zum Schweigen. Die Bäume denken nicht, denken nicht darüber nach, wie hoch könnte ich noch wachsen und hoffentlich wird mein Nachbar nicht größer als ich. Die Blätter denken nicht, denken nicht, oje, wieviel Zeit bleibt mir noch, da ich so schön grün bin und hier oben am Baum hänge und hoffentlich falle ich nicht als erstes von Baum, wenn der Herbst kommt. Der abgesägte Ast denkt nicht, so ein Mist, dass die mich abgesägt haben. Würde denen am liebsten mit mir einen auf den Schädel geben. Nein, er erträgt gedanken- und urteilsfrei sein Schicksal. Das heißt nicht, dass nicht auch Empfindungen da sind. O ja, Pflanzen fühlen und spüren, wer es gut mit ihnen meint, wer sie mag und wer nicht. Sie spüren Gefahren und reagieren darauf. Doch das alles geschieht ohne Wertung. Wir spüren, je naturbelassener etwas ist oder wo etwas mit Liebe geschaffen ist, desto friedlicher sind die ganzen Energien, die dort fließen und diese übertragen sich ja auf uns. So werden auch wir immer friedlicher, genießen die Weite und Ruhe in uns. Wir spüren das Leben in uns pulsieren. Wir sind erlöst von Gedankenströmen. Wir strömen selbst. Wir können in der Natur, durch den Spaziergang durch einen Wald oder an einem Fluss entlang von einem tiefen meditativen Zustand ergriffen werden. 

Dann kommen wir an ein Waldstück vorbei, das gerade abgeholzt wird. Große Fahrzeuge fahren durch den Wald und pflücken Bäume wie Blümchen und wir werden von Unwohlsein ergriffen. Doch wir sind bei uns, frei von Gedanken und Urteilen. So können wir tiefe Trauer für etwas empfinden, ohne damit Mitgefühl und Liebe zu verlieren.

Die heitere Energie hat sich gewandelt in Trauer, doch der Zustand von innerem Frieden und Liebe bleibt davon unberührt.

Sind wir nicht bei uns, in unserem Herzen verankert, wo die Liebe immer fließt und wir uns wohl fühlen, dann kann es passieren, dass solche Störungen, zu kriegerischen Stimmungen in einem selbst führen, die dann gerne nach außen projiziert werden.  

Ja und so gestört läuft der Mensch normalerweise im Alltag jeden Tag herum. Unzählige Gedanken schießen kreuz und quer und je dichter die Menschenansammlungen sind, desto gravierender ist es. Gedankenballungen bilden Energiewolken und irgendwo ergießen sich diese.  

Menschenansammlungen können natürlich auch sehr befruchtend wirken. Es kann eine Veranstaltung, ein Konzert oder auch ein Vortrag sein. Dort sitzen alles Menschen, die sich in dem Moment von den gleichen Interessen verbunden fühlen, dann entsteht ein Verbund, eine verbindende Energie, angenehm ineinander fließende Energie und man fühlt sich wohl. Allerdings kann auch das eine Täuschung sein, denn oft ist das Egofutter. Man fühlt sich als Gruppe gestärkt, vielleicht jetzt stärker als eine andere Gruppe. Man fühlt sich mächtiger, weil man sich mit der Gruppe identifiziert. Es wird praktisch ein Frieden gespürt der kurzweilig ist und nicht unbedingt zur Harmonisierung des Ganzen beiträgt. Anders ist es, wenn Menschen sich zusammenfinden, um zu meditieren, wo es darum geht dass man in sich geht, sich näher kommt. Die Gruppenenergie verstärkt und kann sogar sehr hilfreich sein, um das Loslassen von blockierenden Verhaltensmustern zu beschleunigen. 

Beobachte Dich Marie, beobachte einfach Dein Tun, ob Dein Herz dabei ist, ob Du im Büro am Schreibtisch sitzt, mit jemandem telefonierst oder sonst was machst. Achte auf Deine Worte, beobachte woher sie kommen, ob sie einfach aus einer Schublade, Deinem Reaktionsmuster kommen oder fühlst Du sie in Dir aufsteigen in Verbindung mit der Wärme Deines Herzens?  

Vielleicht denkst Du jetzt: „Jetzt sag mir bloß nicht, wenn Du jemanden eine Auskunft am Telefon gibst über irgendwelche Vertragsdaten, wie die aus dem Herzen aufsteigen sollen?“ Liebe Marie, die Informationen holst Du natürlich aus dem Computer, wo alles wunderbar steht und der alles wunderbar rechnen kann und daraus gibst Du die Auskunft. Im Grunde benutzt Du zwei Computer, einmal den, der vor Dir steht und den in Dir, Deinen Verstand, der ebenfalls ein Speicher von Informationen ist und der diese entsprechend verarbeitet. Nein, was Du aber spürst ist, macht Dir deine Arbeit Freude und ob Du mit Deinem Tun verbunden bist. Bist Du voll präsent dabei. In dem was uns Freude macht, blühen wir ja auch irgendwie auf, wir fühlen uns gut, sind offen und empfänglich. 

Menschen, die mit ihrem Beruf in Einklang sind, für die er stimmig ist, die strahlen das auch aus. Sie halten auch locker Stresszeiten aus und haben nicht das Gefühl, dass die Arbeit krank macht und sie eigentlich am liebsten was ganz anderes täten. 

Wenn ich allein nur an meine Schulzeit zurück denke, da gab es Lehrer, die haben die Freude an ihrem Beruf, die Freude am Lehren und der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ausgestrahlt. Die standen frühmorgens vor der Klasse, als hätten sie sich schon darauf gefreut. Das war auch eine ehrliche Freude, eine Herzensfreude, das hat man gespürt. Doch das empfand ich bei den wenigsten Lehrern. Bei einem Lehrer, dem seine Arbeit Spaß macht, hatte ich festgestellt, da hält man sogar die Fächer irgendwie aus, die man fürchterlich findet und die einem überhaupt keinen Spaß machen. Wenn dann das Lieblingsfach von einem Lehrer geleert wird, der immer einen gestressten und überforderten Eindruck macht und suggeriert, wenn auch unbewusst , die ungezogenen Kinder sind schuld, dass es mir nicht gut geht, na dann ist doch der ganze Unterricht und das Lernen gelaufen. Es wäre doch schön, wenn Kinder von Kindesbeinen an lernen, dass Sie immer richtig sind, auch wenn sie nicht immer alles richtig machen in den Augen der anderen. Das Gefühl, liebenswert zu sein dürfte von nichts in Frage gestellt werden und unter keinen Umständen an das Erreichen von irgendwelchen Ergebnissen oder irgendwelchen Verhaltensweisen gebunden sein. 

Doch die Erwachsenen waren eben auch alle Kinder und haben ihre Prägungen bekommen durch Erfahrungen und sind sozusagen auf dem Weg. 

Ja liebe Marie, Störungen, Störungen und Störungen. Der ganze Lebenslauf scheint von Störungen durchdrungen und geprägt sein. Wen wundert es da, dass die Welt so ist, wie sie ist, in der wir leben und vor allen Dingen, wie wir sie erleben. Die Welt, das Leben steckt voller Erfahrungen. Doch in dieser Welt und in diesen Erfahrungen müssen wir nicht verhaftet sein und bleiben. Du hast doch sicher schon erlebt, dass Du eine bestimmte Erfahrung machst, etwas erlebst und das löste bestimmte Empfindungen und Gedanken in Dir aus. Ein Verstand fängt an zu arbeiten, produziert Gedanken und Gedanken, weil es sich für Dich unangenehm anfühlt. Doch plötzlich geschieht etwas und der Blick auf die Erfahrung bekommt ein ganz anderes Bild und löst damit gleichzeitig neue Gedanken und neue Gefühle aus. Tja was ist nun? Wie viel Unheil kann so eine Erfahrung auslösen, indem man diese negativen Gefühle nicht wahrhaben will, nicht spüren will und geht sofort in die Projektion und sucht Schuldige und Verantwortliche für sein Wohlbefinden. Es wird meist weitergegeben, damit der andere sich auch schlecht fühlt. Vielleicht will man auch was erreichen, indem man jemanden Schuld an etwas suggeriert. So sind die Schwingungen nicht nur bei Dir, sondern auch bei anderen, sofern er mit Dir in Resonanz ist und lässt sich davon aus seiner Mitte, aus seinem Herzen bringen. So wird Dein Umfeld energetisch immer niedriger empfunden, die Spannung steigt, das aufgebaute niedrig schwingende Energiefeld wirkt nun das ganze Feld und jeden, der sich darin befindet wird erfasst. Das kann zu einer Eskalation führen, im großen Rahmen sogar zu Kriegen. 

Ich kann Dir nur sagen, wärst Du trotz dieser Erfahrung in Deinem Herzen geblieben, bei Dir geblieben, dem einzigen Ort, wo Du wahre Sicherheit und wahren Frieden erleben kannst, wo Du Dich als Teil des Ganzen und das Ganze als Dich empfinden kannst und damit unschuldig, hätte keine Kettenreaktion ausgelöst werden müssen. Dann könnten sich die Energien so wandeln, dass sie im Außen keinen Schaden anrichten, dass Du nicht die anderen verantwortlich machst für Dein Erleben, für Deine Gefühle. Du akzeptierst Deine Gefühle und den anderen so wie er ist. So löst sich die Wolke am leichtesten und schnellsten auf, ohne sich zu vergrößern und gleichzeitig wird so Befreiung und Bewusstseinserweiterung durch Einsicht möglich. Du schaust einfach in Dich hinein und nicht nach außen, auch wenn es das außen war, dass scheinbar in Dir was ausgelöst hat.  

In die Projektion zu gehen, bedeutet weiter in den Tiefschlaf zu fallen und sich damit ausgeliefert und ohnmächtig oder angriffslustig zu fühlen. 

Ja so will jeder die Welt verbessern, in der Hoffnung, sich dann irgendwann besser fühlen zu können. Doch leider funktioniert der Weg nicht. Doch, was heißt leider? Gott sei Dank funktioniert es nicht so. Doch wenn jeder in sich, eine immer friedvollere Welt schafft, dann wird auch die Außenwelt immer mehr zufrieden sein, für ihn zufrieden. Wehre Dich nicht gegen Erfahrungen, die Deine Seele machen will und die notwendig sind für Deine Bewusstseinserweiterung, praktisch für Deine Befreiung. Du bist hier, um diese zu machen. Es gibt so ein schönes Sprichwort. „Jeder bekommt das zu tragen, was er ertragen kann.“ Doch wenn wir im Verstand verhaftet sind, haben wir das Gefühl, uns wird zu viel aufgebürdet und der andere muss nicht so viel schleppen. So versucht jeder sein Gepäck irgendwo abzuwerfen und fleddert es durch die Gegend und verletzt andere und natürlich bekommt man noch selbst das von anderen dann ab. Mein alter Freund Karl hat zu mir gesagt, sprich nur, wenn es aus Dir spricht. Das ist über 20 Jahre her, doch diesen Satz habe ich nicht vergessen. Er sagte, wenn es nicht aus Dir kommt, aus Deinem Herzen, denn die Verbindung mit Deinem Herzen ist Dein Wesen, dann beiß Dir auf die Zunge, aber spricht nicht.“ Andere verletzen zu wollen, weil man sich verletzt fühlt, ist gleichzeitig Selbstverletzung. Die Verletzung wird damit nicht weniger, sondern größer.

Marie, Du kannst jeden Moment aus einem alten Verhalten aussteigen. Bleibe wach, damit Du merkst, wenn es wieder anklopft und Du rechtzeitig die Kurve bekommst. Beobachte Dich und geh so viel Du kannst in die Natur. Das kann ich nur immer wieder wiederholen und so viel wie möglich davon allein.

Was glaubst Du, warum das so ist, dass, wenn Du z. B. das Gefühl hast, ein Problem wächst Dir über den Kopf, und Du kannst es drehen und wenden wie Du willst, doch Du siehst und findest keine Lösung. Du fühlst Dich wie eingeschlossen darin. Nur Mauern und keine Tür, die auch nur einen Spalt offen steht, wodurch ein Lichtstrahl hineinkommen könnte und Dir Hoffnung auf eine Lösung schenkt bis hin, dass Du nicht mehr dagegen ankämpfst und keine Lösung mehr suchst, weil die Kraft erschöpft ist. Der Verstand hat gescheitert. Du wirst still und akzeptierst einfach die Situation so wie sie ist. Plötzlich fühlst Du Dich völlig frei und losgelöst von dem Problem. Du siehst und erlebst es plötzlich als Zuschauer. Es ist noch da. Die gleiche Situation ist noch da, doch Du fühlst Dich frei und unbelastet davon, nicht mehr gefangen und gequält. Das Schauspiel geht weiter und das Problem ist keines mehr. Es war eine Szene, die Dein Verstand geschaffen hat durch das Zusammenspiel von alten unerlösten Erfahrungen, Gedanken und Gefühlen, die durch eine neu entstandene Situation entfacht wurden. Das hatte so viel Angst in Dir erzeugt, dass diese Dich so übermannt hat, bis hin, dass der Verstand daran irgendwann katapultiert ist.

Wenn Du den richtigen Weg bei solchen Problemen einschlägst, nämlich bei Dir zu bleiben, es auszuhalten und nicht es von Dir werfen willst, wo es andere verletzt, wirst Du als Ganzes heiler, weil in Dir wieder etwas erlöst wurde. Was Du als eingesperrt empfunden hast, warst nicht Du, sondern ein unerlöstes Erlebnis, an das Du erinnert wurdest, das nach Erlösung rief. Es war ein Teil von Dir, der im Gefängnis saß und Dir dadurch an Lebenskraft fehlte. Du bist damit heiler, offener, mitfühlender und bewusster geworden.

Zum Schluss komme ich noch einmal zum Anfang meines Briefes zurück. Liebe Marie, je mehr es Dir gelingt bei allem Geschehen mit Deinem Herzen verbunden zu bleiben, desto mehr fallen diese von Dir gestellten Fragen weg. Sie fallen einfach von Dir ab wie welke Blätter. Die Lebensreise fängt dann nämlich an frisch, spannend und immer wieder neu zu sein. Wenn die innere Erlösung von etwas stattgefunden hat, löst sie sich auch in Deiner Welt und verändert diese. 

 

Herzlichst 

Malina 

 

 

 

 

"Wenn ihr Freiheit wollt -

Erleuchtung ist die einzige Freiheit.

Wenn ihr Individualität wollt -

Erleuchtung ist die einzige Individualität.

Wenn ihr ein Leben voller Segnungen wollt -

Erleuchtung ist der einzige Weg dahin."  S.125

Osho

"Authentisch sein" 

Innenwelt Verlag

 

 

Hier geht es zum 15. Brief an Marie: "Einsicht und Heilung

Hier geht es zum 17. Brief an Marie:" Meditation, hilft das? "

 

 

"Vor nichts muss man sich also mehr hüten, als das man wie das liebe Vieh den Vorangehenden hinterhertrottet, indem man da geht, wo die Menge eben zu gehen pflegt, nicht da, wo man gehen sollte." S. 96

Seneca

"Glück und Schicksal" 

Reclam Verlag 

"Der Verstand erlaubt dir nie, das zu sehen, was ist. Er erlaubt dir nur, daß zu sehen, was er sehen will." S. 23

Osho

"Liebe, Freiheit, Alleinsein" 

Goldmann Verlag 

 

frieden 13

"Das Leben hat seine eigene Dynamik: es hat die Tendenz zu wachsen, sich Ausdruck zu verschaffen, sich zu leben. Wird diese Tendenz vereitelt, dann scheint die auf das Leben ausgerichtete Energie einen Zerfallsprozess durchzumachen und sich in Energie zu verwandeln, die auf Zerstörung ausgerichtet ist." S. 149

Erich Fromm 

" Furcht vor der Freiheit "

"Die Automatisierung des Individuums in unserer Gesellschaft hat die Hilflosigkeit und Unsicherheit des Durchschnittsmenschen noch verstärkt. Er ist deshalb bereit, sich neuen Autoritäten zu unterwerfen, die ihm Sicherheit anbieten und seine Zweifel mildern."

S.165

Erich Fromm 

" Furcht vor der Freiheit "

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